75 Jahre Grundgesetz: Grundrechte schätzen – Demokratie verteidigen – Zusammenhalt leben

Positionspapier des SPD-Bezirks Hannover zu 75 Jahre Grundgesetz ­ 27. April 2024

Zum 91. Mal jährte sich im März die Abstimmung über das „Ermächtigungsgesetz“. Unter Lebensgefahr haben sich unsere 94 Genossinnen und Genossen am 23. März 1933 gegenüber allen anderen Parlamentarierinnen und Parlamentariern abgegrenzt und das Versagen der demokratischen Kräfte in Deutschland nicht geduldet. „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht“, sagte unser damaliger SPD-Fraktionsvorsitzender Otto Wels. Diese einprägsame Mahnung gilt auch heute noch – gerade für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, denn „Nie wieder ist jetzt“!

1945 machte sich die SPD in Wennigsen auf, um sich nach dem Zweiten Weltkrieg neu zu gründen. Für den SPD-Bezirk Hannover ist dieser parteihistorische Moment von hoher Bedeutung, denn in Zeiten großer gesellschaftlicher Umbrüche stand und steht die SPD für Frieden und Gerechtigkeit und kämpft leidenschaftlich für Solidarität und Freiheit. Das verbindet auch heute noch alle Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten.

Vor 75 Jahren wurde am 23. Mai 1949 das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland verabschiedet – es trägt in weiten Teilen eine starke sozialdemokratische Handschrift. Ohne die in den Beratungen sehr aktiven Sozialdemokraten wie Carlo Schmid sowie den beiden Sozialdemokratinnen Elisabeth Selbert und Friederike Nadig wäre beispielsweise der revolutionäre Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ (Artikel 3 des Grundgesetzes) nicht möglich gewesen. Schmid setzt durch, dass ein Katalog elementarer Grundrechte – wie dem der Gleichberechtigung – gleich an den Anfang des Grundgesetzes gestellt wird – als klares Bekenntnis zu Freiheit und Demokratie und in Abgrenzung zu diktatorischen Regimen. Maßgeblich auf Druck der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten verbietet das Grundgesetz jede Pressezensur. Das Recht, den Kriegsdienst zu verweigern, wird verbrieft, die Todesstrafe abgeschafft. Unverheiratete Mütter und uneheliche Kinder werden vor Diskriminierung geschützt.

Der Vorstand des SPD-Bezirks Hannover ist zurückblickend dankbar, dass sich Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten schon immer grundlegend für die Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität eingesetzt haben. Für die Mitglieder des Bezirksvorstandes ist dieses besondere Engagement nicht nur historisch bedeutend – es ist ebenso essenziell für das eigene politische Wirken, denn es gibt Impulse, Orientierung und Zusammenhalt.

1. Der SPD-Bezirk Hannover bekräftigt, dass die Demokratie die einzige Staatsform ist, die auf universellen Grundrechten und Rechtsstaatlichkeit aufgebaut und somit zu gewährleisten ist.
2. Unsere Verantwortung beschränkt sich nicht darauf, die Werte des Grundgesetzes zu wahren. Als aktive Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind wir gefordert, diese Werte aktiv zu verteidigen und mit Leben zu füllen. Deshalb haben wir in all unseren Debatten und in unseren Entscheidungen, die unser tägliches Handeln prägen, immer das Wohl aller Bürgerinnen und Bürger sowie die Zukunft unseres Landes im Blick.
3. Das Grundgesetz ist unser Kompass, unsere Richtschnur und unser Auftrag. Es ist die Grundlage für ein friedliches, gerechtes und freies Deutschland.
4. Wir verstehen uns als Beschützerinnen und Beschützer der Demokratie und haben die Pflicht, die Rechte der Minderheiten zu verteidigen, die Schwachen zu stärken und dafür zu sorgen, dass niemand in unsere Gesellschaft zurückgelassen wird.
5. Die Sozialdemokratie ist das Bollwerk gegen rechts: In Europa, in Deutschland, in Niedersachsen. Unsere Geschichte ist unser Erbe, unser heutiges Handeln unsere Verantwortung.
6. Demokratie zu fördern ist kein abstraktes Vorhaben, sondern ein konkretes, tägliches und individuelles. Denn nur wenn es Demokratinnen und Demokraten gibt, die unsere Demokratie stärken, verteidigen und für diese einstehen, kann die Demokratie leben.
7. Der SPD-Bezirk Hannover steht dafür, 
   1. dass die Mittel unseres Rechtsstaates im Sinne einer wehrhaften Demokratie konsequent angewendet werden.
   2. dass äußere, innere und soziale Sicherheit immer zusammen gedacht wird. 
   3. dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und alles dafür tut, eine Integrationsgesellschaft zu werden, in der jede und jeder Respekt erfährt und dazugehört, unabhängig davon, ob man Wurzeln hat, die in andere Länder reichen.
   4. dass die zeitnahe Verabschiedung des Demokratiefördergesetzes unabdingbar ist.
8. Der SPD-Bezirk Hannover begrüßt die Aktivitäten seiner Gliederungen, die sich an den „bundesweiten Aktionstagen 75 Jahre Grundgesetz“ vom 23. bis 26. Mai 2024 beteiligen.
9. Der SPD-Bezirk Hannover unterstützt die Demokratieoffensiveim SPD-Unterbezirk Region Hannover, die am vergangenen Wochenende auf einem Unterbezirksparteitag beschlossen wurde.
10. Mehr Prävention: Stärkung der Demokratiebildung im Kindergarten und in der Schule.
11. Mehr Demokratiebildung und -förderung: Stärkung der Angebote zur Politischen Bildung.
12. Mehr Öffentlichkeit für die wehrhafte Demokratie: Unterstützung von Demonstrationen, regionalen Bündnissen und Beschlüssen.
13. Mehr Schutz für Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern vor Anfeindungen und Hetze.
14. BOS-Kräfte[1] stärken zur Verteidigung unserer Demokratie.

[1] BOS = Behörden und Organisation mit Sicherheitsaufgaben