Zu den EU-Haushaltsverhandlungen
Der Arbeitskreis Europa des SPD-Bezirk Hannover fordert vor den EU-Haushaltsverhandlungen:
1. Finanzielle Leistungen an Rechtsstaatlichkeit koppeln
2. Mitbestimmung des EU-Parlaments stärken
3. EU-Kernprogramme nicht kürzen
Am 21. Juli 2020 haben die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedstaaten wichtige Eckpunkte für die zukünftige Entwicklung der EU vereinbart. So wurden Grundlagen für einen Aufbaufonds (Next Generation) in Höhe von 750 Mrd. Euro und für den Rahmen des normalen Haushalts der EU (Mehrjähriger Finanzrahmen) für die nächsten sieben Jahre gelegt. Nun werden die Details und rechtlichen Fragen zwischen dem Ministerrat und dem Europäischen Parlament ausgehandelt.
1. Einschränken finanzieller Leistungen an Mitgliedsstaaten bei Verstößen gegen Rechtsstaatslichkeitsprinzipien
Mit seinen Schlussfolgerungen vom 21. Juli 2020 hat der Europäische Rat erstmals ein Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit und einen Mechanismus zum Schutz des Haushalts im Mehrjährigen Finanzrahmen verankert. Der AK Europa fordert, dass die Achtung der Rechtsstaatlichkeit, der Grundrechte und der Demokratie auch im Rahmen von finanziellen Leistungen der EU klar garantiert werden müssen. Liegt die Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten vor und es besteht eine systemische Gefährdung der in Artikel 2 EUV verankerten Werte, dann müssen finanzielle Leistungen an die Mitgliedstaaten eingeschränkt werden.
Eine EU-Verordnung über den Schutz des Haushalts der EU im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten soll die finanziellen Interessen der EU schützen. Dies muss sowohl für den Aufbaufonds (Next Generation) als auch für den gesamten Europäischen Haushalt gelten. Mit dieser Verordnung müssen EU-Mittel, etwa aus dem Kohäsionsfonds, bei Rechtstaatsverstößen in substantiellem Maße einbehalten werden können. Die Verordnung muss einen praktikablen Entscheidungsmechanismus beinhalten. Dabei soll das Abstimmungsverfahren so konstruiert sein, dass dieses Instrument auch effektiv genutzt und nicht durch eine Minderheit im Ministerrat blockiert werden kann.
2. Stärkung der Mitbestimmung des EU-Parlaments
Der Arbeitskreis Europa begrüßt, dass sich die Staats- und Regierungschefs der EU auf einen umfangreichen Aufbaufonds zur Ankurbelung der Wirtschaft verständigt haben, um den Auswirkungen der Corona-Krise deutlich entgegenzuwirken.
Allerdings soll eine Verordnung für den Aufbaufonds die Zuweisung aus den Krediten auf die Mittelausstattung konkreter Programme regeln, das Europäische Parlament wird nur „informiert" (Ratsverordnung gemäß Art. 122, Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union). Eine wirkliche demokratische Kontrolle wird in den Verhandlungen aufgegriffen werden müssen. Für den AK Europa ist klar, dass das Europäische Parlament und die Parlamente der Mitgliedstaaten nicht in ihren Haushaltsrechten eingeschränkt werden dürfen.
3. EU-Kernprogramme nicht kürzen
Es ist nicht nachzuvollziehen, dass auf dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU eine politischen Einigung über den mehrjährigen Finanzrahmen 2021 bis 2027, dem originären Haushalt der EU, getroffen wurde, die deutliche Kürzungen gegenüber dem Ist-Stand und gegenüber den Haushaltsvorschlägen von der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament vorsieht. Damit werden zentrale Aufgaben der EU in Frage gestellt. So kann man die vorgeschlagenen Kürzungen im Gesundheitssektor in der heutigen Zeit nicht verstehen, die vorgeschlagenen Kürzungen bei Bildung, digitalem Wandel und Innovation gefährden den Zusammenhalt und die Innovationskraft, die vorgeschlagenen Kürzungen der Strukturpolitik laufen den Notwendigkeiten des Green Deal, der sozialen Kohäsion und den Qualifikationsanforderungen zuwider und die vorgeschlagenen Kürzungen in den Bereichen Asyl, Migration und Grenzschutz passen überhaupt nicht in die unsichere Lage der globalen Welt.
Von den Kürzungen betroffen sein könnten u.a. die bekannten und bewährten EU-Programme Horizont Europa, InvestEU, Erasmus, Europäischer Sozialfonds, Fonds für einen gerechten Übergang, Digitales Europa, Connecting Europe, LIFE +, EU4health, Fonds für integriertes Grenzmanagement, Creative Europe, das Programm Rechte und Werte, der Europäische Verteidigungsfonds, das Instrument für Nachbarschaft, die Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit (NDICI) und humanitäre Hilfe.
Der AK Europa fordert den Ministerrat auf, sich in den Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament einer angemessenen Finanzierung des nächsten MFR nicht zu widersetzen und Kürzungsbestrebungen der wichtigen EU-Kernprogramme aufzugeben. Zudem dürfen Überlegungen wie die Kürzung der Kofinanzierungssätze in der Strukturförderung oder zwingende Mittelverlagerungen aus den Strukturfonds in andere Bereiche nicht weiterverfolgt werden.