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Regierungsprogramm der SPD in Niedersachsen zur Landtagswahl 2022.

Wordwolke zum Regierungsprogramm der SPD in Niedersachsen zur Landtagswahl 2022

Wir wollen ein Land der Bildung und der Kultur sein, das Inspiration bietet und Freude am Lernen macht. Unsere Schulen sollen ermuntern statt einschüchtern, unsere Kultureinrichtungen sollen für Künstlerinnen und Künstler wirtschaftliche Sicherheit bieten und für alle Menschen und alle Generationen offen sein.

Wir wollen ein Bildungsland werden, in dem die Vorstellung, im Laufe des Lebens einen neuen Beruf zu lernen, keine Angst macht, sondern Vorfreude auslöst.

Genau ein solches Bildungsland lässt sich gestalten, ohne dabei alles sofort auf den Kopf zu stellen. Denn eines wissen wir aus der Vergangenheit genau: Wer auf einen Schlag das Bildungssystem und die Kultur umkrempeln will, verursacht nichts als Frust und Chaos. Deshalb gestalten wir gemeinsam mit allen Schülerinnen und Schülern, mit ihren Erziehungsberechtigten, Lehrkräften, allen an Schulen Beschäftigten und beruflich sich Weiterbildenden das Bildungsland von morgen. Miteinander Schritt für Schritt im Dialog, ohne zu überfordern. So schaffen wir Bildung, die allen Chancen bringt.

5.1 CHANCENGLEICHHEIT IN DER BILDUNG: DEMOKRATIE- UND FRIEDENSBILDUNG

Frühkindliche Bildung fördern

Ein elementarer Grundstein für die Chancengleichheit eines jeden Kindes wird bereits im frühkindlichen Alter mit der bestmöglichen frühkindlichen Bildung gelegt. Kitas sind deshalb als Bildungseinrichtungen zu verstehen und legen eine entscheidende Grundlage für den Bildungsweg jedes einzelnen Kindes.

Um allen Kindern die gleichen Startchancen zu ermöglichen, ist es uns wichtig, dass jedem Kind wohnortnah ein Krippen- und Kita-Platz angeboten werden kann. Unser Ziel ist der bedarfsgerechte Ausbau, sowohl in quantitativer als auch in qualitativer

Hinsicht. Dies schließt für uns auch einen adäquaten Ausbau von zusätzlichen Betreuungszeiten mit ein sowie die Umwandlung der Einrichtungen in Ganztags-Kitas.

Wir werden die Qualität in der Betreuung insbesondere durch eine dritte Kraft verbessern und gemäß dem Stufenplan für alle konsequent und flächendeckend umsetzen. Des Weiteren wollen wir das Zusammenspiel multiprofessioneller Teams in Kitas ausbauen und fördern. Die Praxis hat uns gelehrt, dass die Zusammenarbeit unterschiedlicher Professionen gerade für die Entwicklung von Kindern mit besonderem Unterstützungsbedarf besonders wertvoll ist.

Hierzu zählt auch der Rechtsanspruch auf Inklusion. Um diesen Ansprüchen zukünftig gerecht zu werden, sollte jeder Neubau die räumlichen Mindestvoraussetzungen erfüllen, um ein barrierefreies Angebot zu ermöglichen.

Die qualitative Entwicklung der Kitas werden wir kontinuierlich vorantreiben, indem wir die Weiterentwicklung zu Familienzentren fördern und die Fachberatung stärken. Dazu werden wir die Zusammenarbeit mit dem Niedersächsischen Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (Nifbe) ausbauen.

Darüber hinaus werden wir auch die Angebote in den Kitas weiterdenken und Projekte in den Bereichen Demokratiebildung, Gesundheit, Ernährung, Sprachförderung, Wertevermittlung, Sport und Bewegung sowie Musik gezielt unterstützen.

Zur Gewinnung neuer Fachkräfte werden wir einen Niedersachsenplan 2.0 auflegen. Das Angebot an Ausbildungsplätzen müssen wir weiter ausbauen. Das beinhaltet die Gründung von weiteren Ausbildungsschulen und ist in Absprache mit den jeweiligen Trägern zu erleichtern. Gerade im Hinblick auf die gesundheitlichen und strukturellen Folgen der Pandemie ist es unser Ziel, die erfolgreiche Reintegration in den Arbeitsmarkt flächendeckend zu gewährleisten. Dies wird durch die Rehabilitationsmaßnahmen, durch die Ermöglichung von Berufsausbildungen und generell durch die beruflichen Neuorientierungsmöglichkeiten in den niedersächsischen Berufsförderungswerken erreicht.

Zur Steigerung der Attraktivität der sozialen Berufe sind die Arbeitsbedingungen weiter zu verbessern – Verfügungsstunden müssen ausgebaut werden.

Wir streben an, den Kita-Bereich auch für andere Berufsgruppen zu öffnen. Dies ermöglicht auch Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern den Einstieg in den Beruf. Bürokratische Hürden müssen dafür fallen. Langfristig werden wir mit Kampagnen an allgemeinbildenden Schulen für die sozialen Berufe werben, um deren gesamtgesellschaftliche Bedeutung zu stärken und ein Bewusstsein für die sinnstiftende Arbeit sozialer Berufe zu schaffen. Hierbei wird ein Augenmerk auf der Kampagne „Mehr Männer in den Kitas!“ liegen. Kinder benötigen alle Geschlechter als vertraute Bezugspersonen und Vorbilder. Derzeit überwiegt der Anteil an Frauen als Fachkräfte in den Kitas deutlich.

Zur Deckung des weiteren Bedarfs an Fachkräften werden diese speziell durch unsere Unterstützung für Programme zur Anwerbung von Personal aus dem Ausland ermutigt werden.

Schulen der Zukunft

Schulen entwickeln sich stetig weiter. Wie in allen Bereichen der Gesellschaft, so gibt es auch in der Schule immer neue Herausforderungen und immer neues Wissen. Lehr- und Lernmethoden entwickeln sich weiter, wir verstehen immer besser, wie wir Kinder und Jugendliche beim Bildungserfolg unterstützen können – und genau das werden wir in der Praxis auch tun.

Deshalb ist die Schule von heute nicht mehr so, wie Ältere die Schule von früher erinnern. Kinder und Jugendliche verbringen heute mehr Zeit in der Schule. Damit ist diese auch zum Freizeit- und Lebensort geworden. Gleichzeitig hat sich die Form des Lernens ver- ändert. Vermehrt wird mit Lernlandschaften gearbeitet, der Unterrichtsraum wird längst als Teil der Pädagogik verstanden und neue Themen sind im Unterricht wichtig geworden. Dies alles bedeutet einen stetigen Wandel, der die Schulen fit für die Zukunft macht.

Inklusive Schule

Alle Kinder und Jugendlichen haben gleiche Rechte. Deshalb ist unsere Schule die inklusive Schule. Wir stehen für gelebte Inklusion im erweiterten Sinne mit dem Ziel, mehr Teilhabe, mehr Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit an allen Schulformen zu erreichen. Daher müssen die Rahmenbedingungen für Inklusion weiterhin verbessert werden, mehr sonderpädagogische Lehr- kräfte, sozialpädagogische Fachkräfte und auf die Bedarfe der Kinder hin orientierte Fachkräfte müssen an die Schule. Wir werden den schulischen Paradigmenwechsel zu gemeinsam verantworteter Förderung aller Kinder durch multiprofessionelle Teams weiter voranbringen. Das kommt allen Kindern zugute. Denn jedes Kind profitiert davon, wenn es Zugang zu Fachpersonal aus unter- schiedlichen Fachrichtungen hat.

Im Zuge dessen gehört Schulbegleitung systemisch an unsere Schulen. Wenn neue multiprofessionelle Teams gebildet werden, wenn Schule sich verändert, dann braucht es Begleitung entlang dieser Neuausrichtung. Daher ist es wichtig, die Rollenklarheit im Rahmen von Multiprofessionalität insgesamt zu bestimmen. Die Wirksamkeit von Schulbegleitung werden wir mithilfe von Pool-Lösungen deutlich ausbauen. Schulen und Kommunen, die sich für eine Klassenassistenz pro Klasse entscheiden, unterstützen wir bei der Umstellung. Ihnen sollen auch keine Nachteile entstehen. Sowohl die persönliche als auch die systemische Assistenz sind wichtige Bausteine der inklusiven Schule.

Auf dem Weg hin zur inklusiven Schule sind wir ganz akut mit den Folgen von Corona konfrontiert. Als Reaktion streben wir die Fortsetzung des Aktionsprogramms „Startklar“ in Folge der Corona-Pandemie zur nachhaltigen Stärkung der Kinder und Jugend- lichen an. Schule soll allen Kindern Spaß und Freude bereiten, wir werden daher allen Kindern die Chance geben, Verpasstes und Versäumtes nachzuholen.

Wir brauchen jedoch nicht nur eine Weiterentwicklung des Unterrichts und der Fachkräfte an Schulen, sondern wir müssen die Schulen ganzheitlich weiterentwickeln. Hierfür gibt es erfolgreiche Beispiele, und deshalb werden wir die Fortführung und

Ausweitung des Modellprojekts „Zukunftsschule“ ermöglichen, indem wir Schule als Lern- und Lebensort gestalten. Unser Ziel ist es, eine neue Kultur der Freiheit für die Arbeit von Schulen in den Mittelpunkt der Bemühungen zu stellen.

Mit all diesen Aktivitäten verfolgen wir ein zentrales Ziel: Unser Anspruch ist es, dass Kindern und Jugendlichen unabhängig vom Ein- kommen der Eltern oder vom sozialen Umfeld gerechte Bildungschancen zuteil werden. Wir werden daher das erfolgreiche Programm

„Schule PLUS“ und damit die Bündelung des bereits bestehenden Beratungs- und Unterstützungssystems des Landes erneut auflegen.

Die Veränderung der Schulen im Lichte neuer Herausforderungen stellt Schulen und alle am Schulleben Beteiligten vor große Herausforderungen. Davor verschließen wir nicht die Augen, sondern wir schaffen Strukturen, die den Wandel gut begleiten können. Deshalb sorgen wir für den Ausbau der „Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren Inklusive Schule (RZI)“ samt mobiler Dienste in ganz Niedersachsen.

Nicht zuletzt ist unser Ziel, Tagesbildungsstätten die Möglichkeit zu geben, sich Schritt für Schritt in Schulen umzuwandeln.

All diese Maßnahmen haben gemeinsam, dass sie Niedersachsens Schulen zukunftsfähiger machen werden. Wir gehen voran, ohne die Schulen dabei zu überfordern. Wir begleiten den Wandel und wissen genau, was dabei unser Ziel ist: die bestmögliche Bildung für jedes einzelne Kind.

Queere Bildung

Unsere Gesellschaft ist bunt und vielfältig, so sind es auch Kinder und Jugendliche. Leider ist sexuelle Orientierung oder geschlecht- liche Vielfalt oft ein Grund für Mobbing und Diskriminierung in Schulen. Deshalb stehen wir dafür ein, queere Realitäten in der Bildung aktiv zu verankern und Kinder, Jugendliche, Eltern und Lehrkräfte systematisch für queere Themen zu sensibilisieren sowie proaktiv weiter- und fortzubilden. Wir setzen uns mit gezielten Maßnahmen für ein breiteres Verständnis in der Gesellschaft für queere Themen ein.

Weiterentwicklung der Grundschulen zu Ganztagsschulen

Die weiterführenden Schulen sind wichtig. Ganz viele Weichen werden allerdings schon in der Grundschule gestellt. Deshalb legen wir besonderes Augenmerk auf den Primarbereich, den Übergang auf Letzteren und den Erwerb von grundlegenden Kompetenzen. Schreiben, Lesen und Rechnen sind Grundfertigkeiten, die in der Schule erlernt werden. Sie sind unabdingbar für einen erfolgreichen Bildungsweg und legen den Grundstein für das spätere Berufsleben. Es ist Aufgabe der Bildungspolitik des Landes, dafür Sorge zu tragen, dass alle Schülerinnen und Schüler am Ende der vierten Klasse über die grundlegenden Mindestkenntnisse in Mathematik und Deutsch verfügen, die bundesweit durch die Kultusministerkonferenz vorgegeben sind. Deshalb werden wir Lesen, Schreiben und Rechnen gezielt stärken durch mehr Unterstützung und Ausbau der Stundentafel an den Grundschulen.

Wir erkennen eine Chance darin, Kinder längere Zeiten am Tag bei ihrem Bildungserfolg zu begleiten und gleichzeitig berufstätige Eltern zu entlasten. Deshalb sorgen wir für die Weiterentwicklung der Grundschulen zu Ganztagsgrundschulen nach Elternbedarf. Das bedeutet, dass nicht jedes Kind in die Ganztagsschule muss, aber jedes Kind, dessen Eltern das wollen, soll die Chance dazu haben.

Ganztag für alle

In Niedersachsen wird der Ganztagsunterricht heute schon viel in Anspruch genommen. Um dem Rechtsanspruch auf Ganztag ab 2026 gerecht zu werden, setzen wir auf den Ausbau von Ganztagsgrundschulen und sorgen gemeinsam mit dem Bund für deren Finanzierung. Diese sind eine wichtige Voraussetzung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und wirksam gegen soziale Disparitäten und Bildungsbenachteiligung.

Wir treten für eine qualitative Steigerung der Ganztagsangebote durch Förderung von Projekten und Maßnahmen in den Bereichen Gesundheit, Ernährung, Sport, Kultur, Gewaltprävention und Demokratiebildung ein.

Gleichzeitig fördern wir die stärkere Einbeziehung von lokalen Akteuren (z.B. Jugendverbänden, Anbieter von Programmen rund um die MINT-Fächer etc.) in das schulische Ganztagsangebot. Wir werden Ganztag und Jugendhilfe zusammendenken. Kinder und Jugendliche bedürfen vielfältiger Unterstützung und Anreize. Wir werden diese Angebote und Beratung an Schulen andocken und eng verzahnen.

Digitales Lernen: Tablets ab Klasse 1

Digitales Lernen ist für uns ein klarer Bestandteil einer modernen Schule. Deswegen wollen wir die Medienbildung für die Schülerinnen und Schüler stärken und Teilhabe für alle ermöglichen. Gerechtigkeit in der Digitalisierung beginnt dabei beim Gerät. Wenn manche Eltern sich das beste Gerät leisten können und andere gar keines, dann ist bereits dadurch die Chancengleichheit der Kinder gefährdet. Deshalb streben wir die digitale Lernmittelfreiheit für Niedersachsen an, die die entsprechenden Endgeräte und die Bereitstellung von inhaltlichen Angeboten umfassen soll.

Wir beginnen dabei mit dem digitalen Endgerät, das wir jedem Kind anbieten. Wenn alle das gleiche Schul-Tablet nutzen, dann lässt es sich nahtlos in den Unterricht integrieren und so auch leichter lernen. Deswegen werden wir alle Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen mit einem persönlichen digitalen Endgerät, also einem Tablet, ausstatten. In den Jahrgängen 1 und 2 werden die Lehrkräfte die Schülerinnen und Schüler an den Umgang mit eigenen Geräten heranführen – mithilfe von schuleigenen Geräten. Ab Jahrgang 3 erhalten dann alle Schülerinnen und Schüler ein eigenes digitales Endgerät.

Für dieses Vorhaben wird das Land die digitalen Endgeräte von einem externen Anbieter leasen und den Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stellen. Hierdurch wird die Wartung der Geräte durch den externen Anbieter erfolgen, sodass weder Schulen noch Schulbehörden das dafür notwendige Personal vorhalten müssen. Nach einer mehrjährigen Nutzung sollen die Tablets durch neue Geräte ausgetauscht werden, damit die Geräte immer auf dem neuesten Stand bleiben.

Einhergehend mit der Ausstattung der Schülerinnen und Schüler mit Endgeräten werden wir für die Bereitstellung der inhaltlichen Angebote auch den Ausbau der Niedersächsischen Bildungscloud (NBC) weiter als wichtigste Gesamtlösung für das gemeinsame digitale Lernen voranbringen sowie den Breitbandausbau an den niedersächsischen Schulen als Voraussetzung weiter fördern.

Zudem streben wir die flächendeckende Einführung des Unterrichtsfachs Informatik an weiterführenden Schulen an.

Das Lernen mit digitalen Medien wird in Niedersachsen so zur Normalität und gleichzeitig stetig weiterentwickelt. Bei allem gilt als oberster Grundsatz: Jegliche Technik dient der Pädagogik.

Schule weiterdenken

Schule muss sich stetig verändern, damit wir dem Anspruch nach moderner und chancengleicher Bildung gerecht werden. Deshalb soll Bildung alle Kinder und Jugendlichen zur Teilhabe an unserer Gesellschaft befähigen und unabhängig von der sozialen Herkunft gute Perspektiven für die Zukunft bieten. Wir werden Mentoringprogramme an Schulen und Hochschulen schaffen und unterstützen, damit individuelle Talente entdeckt und gefördert werden. Dies soll insbesondere Kindern aus ärmeren Familien Unterstützungsmöglichkeiten für Bildung und Teilhabe eröffnen, damit sie, unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern, einen Platz in unserer Gesellschaft finden.

Schulen benötigen weniger einengende Vorgaben, mehr Freiheiten und Flexibilität für ihre Arbeit und mehr Vertrauen, dass auch unterschiedliche Wege zu guten Ergebnissen führen können. Deshalb unterstützen wir die Vielfalt und engen sie nicht ein.

Demokratie- und Friedensbildung, Bildung für nachhaltige Entwicklung, kulturelle und politische Bildung werden wir in allen Schulen stärken und ausbauen. Wir werden internationale Schulpartnerschaften ausweiten und sorgen für die Fortsetzung von „Demokratie- schulen“ und „Demokratielernorten“. Auch die Stärkung von „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, „Europaschulen“ und anderen Schulprojekten haben wir zum Ziel.

Wir stehen für mehr Partizipation und Mitbestimmung von Schülerinnen und Schülern und werden Schülervertretungen bereits ab der Grundschule ermöglichen. Die Rechte der Schülervertretungen werden wir weiter in allen Bereichen stärken, um mehr Teilhabe zu ermöglichen. Alle Schulen sollen ein eigenes „Demokratiebudget“ für entsprechende Projekte erhalten, über dessen Verwendung die Schülerschaft selbstständig entscheidet.

Um Schülerinnen und Schülern bereits in einem sehr jungen Alter konkrete und vertiefende Erfahrungen über demokratische Prozesse, Verantwortung und auf Gewaltverzicht beruhende Konfliktlösungsmöglichkeiten näherzubringen, sollen die derzeit geltenden Regelungen für Schülerinnen und Schüler im Primarbereich sowie im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung so angepasst werden, dass Klassensprecherwahlen verpflichtend stattfinden können.

Soziales Lernen werden wir stärken und dafür vermehrt Projektarbeiten in den Schulen ermöglichen, um den emotional-sozialen Aspekt der Persönlichkeitsentwicklung stärker zu berücksichtigen.

Wir haben Wertschätzung für alle Schulformen in Niedersachsen und wollen deshalb die Schulformen gleichstellen. Die Gesamt- schule gehört in ihren unterschiedlichen Varianten zum gleichberechtigten staatlichen Regelschulwesen. Sie ermöglicht die beste Förderung für alle Schülerinnen und Schüler. Die Gründung von Gesamtschulen werden wir erleichtern.

Stark in den Beruf

Berufsbildende Schulen sind ein Pfund, mit dem Niedersachsen werben kann. Wir bekennen uns zu den berufsbildenden Schulen in unserem Flächenland, insbesondere im ländlichen Raum als Bündelschulen. Berufliche Bildung und akademische Bildung sind gleichwertig. Wir legen einen Pakt für die berufliche Bildung auf. Wir gehen die Weiterentwicklung der berufsbildenden Schulen zu regionalen Kompetenzzentren in Abstimmung mit den Partnern aus dem Bündnis duale Ausbildung an.

Das berufsbildende Schulsystem werden wir zu einem inklusiven berufsbildenden Schulsystem weiter ausbauen. Wir wollen, dass alle Jugendlichen die Chance auf berufliche Bildung erhalten und ideale Lernbedingungen für die eigene Entwicklung vorfinden.

Digitalpakt für berufsbildende Schulen

Die Digitalisierung schreitet in der gesamten Arbeitswelt voran. Ein moderner Handwerksbetrieb ist heute ohne digitale Anwendungen kaum mehr erfolgreich. Deshalb ist es wichtig, dass auch die berufsbildenden Schulen bei der Digitalisierung den Anschluss halten. Wir wollen daher ein Investitionspaket für die digitale Ausstattung unserer berufsbildenden Schulen auflegen. Denn moderne Bildung erfordert eine moderne Ausstattung, um optimal auf die neue Arbeitswelt vorzubereiten. Wenn der 3D- Drucker Einzug in die Betriebe hält, muss er auch Einzug in unsere Schulen halten. Darüber hinaus brauchen wir Lernmanagement- systeme, Open Educational Resources, Robotik und Industrie-4.0-Anwendungen an den berufsbildenden Schulen und werden die digitale Unterrichtsgestaltung weiter ausbauen und fördern.

Stärkung der dualen Ausbildung

Die duale Ausbildung ist das Rückgrat des starken niedersächsischen Fachkräftemarktes und damit der gesamten niedersächsischen Wirtschaft. Deshalb fördern wir Ausbildungsverbünde und sorgen für den Erhalt der Ausbildung in der Fläche.

Jugendliche berichten, dass sie keinen Ausbildungsplatz finden, und Ausbildungsbetriebe beklagen, dass sie keine Auszubildenden finden. Angesichts dieser Fakten liegt es auf der Hand, dass das Ausbildungsplatz-Matching verbessert werden muss. Genau das werden wir tun und Ausbildungsbetriebe und Jugendliche dabei unterstützen, zueinanderzukommen.

Wir nehmen die Klagen von Ausbildungsbetrieben ernst. Die Anforderungen an die Auszubildenden steigen. Damit gewinnen Ausbildungsbetriebe vermehrt den Eindruck, dass manche Jugendliche diesen Anforderungen nicht gewachsen sind. Deshalb werden wir die Ausbildungsbegleitung in Niedersachsen ausbauen. Wir sind uns sicher, dass alle Jugendlichen das Potenzial für eine berufliche Ausbildung mitbringen, aber manche brauchen dabei etwas mehr Unterstützung als andere. Deshalb stehen wir für eine Ausbildungsplatzgarantie für alle Jugendlichen in Niedersachsen und unterstützen das Mittel der Umlagen-Fonds dort, wo bisher unterhalb des Bedarfs ausgebildet wird.

Um allen Jugendlichen gerecht zu werden, werden wir die Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen intensivieren und ausbauen – alle Schülerinnen und Schüler sollen gleichwertig über universitäre und berufliche Bildungswege informiert und darauf vorbereitet werden. So stellen wir sicher, dass auch die Ausbildung in unserer Gesellschaft wieder mehr Anerkennung findet, und erfüllen damit eine zentrale Forderung der Ausbildungsbetriebe.

Eltern sind bei der Berufsorientierung noch immer sehr wichtige Ansprechpartner, aber gleichzeitig ist auch klar, dass sich die Arbeitswelt sehr verändert hat. Viele neue Berufe sind entstanden, die Eltern häufig nicht kennen. Deshalb werden wir die Eltern bei der Beratung ihrer Kinder unterstützen, Angebote für ein individuelles Berufswahlcoaching schaffen und die Berufswahl durch Ausbildungslotsen unterstützen. Mädchen und junge Frauen werden wir ermutigen und sie dabei unterstützen, sich auch auf Berufsfelder einzulassen, die abseits von Gender-Stereotypen liegen.

Regionale Kooperationen für Ausbildung werden wir ausbauen und besser vernetzen. Wir schaffen bezahlbaren Wohnraum für Azubis.

Fachkräfte gewinnen

In sozialen Berufen leiden wir besonders stark unter Fachkräftemangel. Deshalb braucht es verstärkte Anstrengungen, um Auszubildende in sozialen Berufen zu gewinnen. Wir stehen für die Stärkung der Ausbildung in sozialen Berufen und in der Pflege.

Wir setzen die Schulgeldfreiheit komplett um und werden das Schulgeld in der Heilerziehungspflege abschaffen. Genauso beenden wir das Schulgeld für Pharmazeutisch-technische Assistenz, Heilpädagogik, bei Masseurinnen und Masseuren und medizinischen Bademeisterinnen und Bademeistern sowie bei Diätassistentinnen und Diätassistenten sowie Orthoptistinnen und Orthopisten.

Darüber hinaus werden wir die Vergütungssysteme in vollzeitschulischen Ausbildungen ausbauen und flächendeckend in Niedersachsen anbieten. Hierzu werden wir uns aktiv mit dem Vorgehen auf Bundesebene (gemäß Koalitionsvertrag) abstimmen.

Gerechter Lohn für alle Lehrkräfte

Die Qualität unseres Bildungssystems hängt zentral von gut ausgebildeten und ausreichend vorhandenen Fachkräften ab. Wir werden die Arbeitsbedingungen spürbar verbessern und weiterhin deutlich mehr Lehrkräfte einstellen. Wir machen Schluss mit dem Unterschied zwischen den Schularten. Alle Lehrerinnen und Lehrer sind gleich wichtig für den Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen. Wir setzen A13/E13 für alle vollständig um, indem wir schrittweise die Besoldung anheben. Den ersten Schritt auf diesem Weg sind wir bereits gegangen, indem wir die Besoldung für Grundschulleitungen auf A13/E3 angeglichen haben.

Schließlich verdienen alle Lehrkräfte für die Verantwortung, die sie tragen, eine bessere Bezahlung.

Lehrkräfte entlasten und Arbeitsbedingungen verbessern

Wir brauchen die besten Lehrkräfte im Land. Deshalb verbessern wir die Arbeitsbedingungen, um als Land ein noch attraktiverer Arbeitgeber zu werden. Dafür nutzen wir die Ergebnisse der Arbeitszeitkommission und sorgen schrittweise für Entlastung, indem wir zu einer neuen Arbeitszeitverordnung kommen und mehr Zeit für multiprofessionelle Zusammenarbeit in der Arbeitszeitverordnung schaffen.

Lehramtsausbildung und Fortbildung neu denken

Wir werden Lehrkräften in Ausbildung beste Bedingungen bieten. Deshalb stehen wir für eine grundlegende Reform der gesamten Lehramtsausbildung.

Schulleitung ist ein eigenständiges Berufsbild. Deshalb ist für uns klar: Die Qualifizierung als Schulleitung muss vor der Übernahme einer solchen Funktion stattfinden. Wir werden diese Ausbildung als Schulleitungsakademie an das Niedersächsische Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ) andocken.

Wir sorgen für höhere Praxis- und Pädagogikanteile bereits im Bachelor- und Masterstudium und stellen sicher, dass Studien- plätze bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt werden. Zudem verankern wir den Themenbereich Inklusion stärker in der Lehramts- ausbildung, um zu-künftigen Lehrkräften eine Grundlage für die Arbeit an integrativen Schulen zu bieten. Zusätzlich sind Stipendien- programme für Mangelfächer insbesondere im MINT-Bereich notwendig.

Personalgewinnung und multiprofessionelle Teams

Wir werden den Quereinstieg in den Lehrerberuf vereinfachen und besser ermöglichen. Der Quereinstieg ist für uns keine Notlösung, sondern Teil von Multiprofessionalität an der Schule. Dazu gehören selbstverständlich Vereinfachungen bei der Zulassung von Quer- einsteigerinnen und Quereinsteigern und eine bessere Anerkennung von Studienabschlüssen, Arbeits- und Ehrenamtserfahrungen sowie mehr berufsbegleitende Qualifizierung von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern.

Wir werden zusätzliche pädagogische Fachkräfte ins Schulleben integrieren. Sonderpädagogik, Schulsozialarbeit und pädagogische Fachkräfte gehören für uns an jede Schule. Zusätzlich werden wir mehr Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Lehrkräfte ermöglichen und dementsprechend auch eine klare Erwartungshaltung formulieren. Wir streben an, dass jede Lehrkraft mindestens eine Fortbildung pro Schuljahr wahrnimmt.

Die Arbeitsbedingungen der pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (PM) wollen wir verbessern. Wir streben an, die unbefristeten Verträge auszubauen und Weiterbildungen (berufliche Abschlüsse) zu unterstützen.

Kostenlose Schülerbeförderung

Wir werden nicht nur Lehrkräfte entlasten, sondern auch Eltern und Schülerinnen und Schüler. Wir setzen uns für die Einführung eines kostenlosen ÖPNV-Angebots für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe ein und streben an, dass diese Tickets ebenso gültig sind für (schulische) Azubis, Bundesfreiwilligendienstler und FSJler.

5.2 UNTERSTÜTZUNG FÜR FAMILIEN

Familien brauchen Beratung und Unterstützung. Die Familienzentren werden wir zu starken Beratungsstellen in der Vernetzung von Schule, Kita, Jugendarbeit und Frühen Hilfen machen. Dort, wo es noch keine Familienzentren gibt, werden wir sie einrichten. Wir werden die vorhandenen starken Netzwerkstrukturen in den Kommunen einbinden. Die Phase rund um die Geburt, der Eintritt in die Kita, in die Grundschule, die weiterführende Schule sowie der Wechsel in Berufsausbildung oder Studium: Hier brauchen Familien gute Begleitung. In Niedersachsen gibt es zahlreiche Akteure, die in diesen Bereichen aktiv sind. Es fehlt an Vernetzung und ge- meinsamer Abstimmung. Vor allem Jugendarbeit und Schule müssen besser zusammenarbeiten. Familienzentren und Schulsozial- arbeit werden hierbei zu den entscheidenden Knotenpunkten. Schule und Jugendarbeit müssen dabei auf Augenhöhe kooperieren.

Familien- und Seniorenarbeit müssen verknüpft werden. Wir werden prüfen, wie Familienzentren und Mehrgenerationenhäuser sich ergänzen und bereichern können.

Wir werden dazu Informationsangebote für Familien und Senioren in Niedersachsen ausbauen und dabei neben dem Internet auch neue Angebote wie z. B. eine Väter-App oder eine Elterninfo-App für bestimmte Zielgruppen entwickeln und nutzen.

Familien brauchen auch Erholung. Vor allem Familien mit wenig Einkommen, Familien mit vielen Kindern oder Alleinerziehende stehen dabei im Fokus. Niedersachsen hat ein sehr gutes Netzwerk von Angeboten in diesem Bereich. Wir werden mehr Familien- freizeiten und Familienurlaube möglich machen und zusammen mit den niedersächsischen Familienverbänden und den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege dafür sorgen, dass mehr Alleinerziehende und Familien diese Angebote nutzen.

5.3 KINDERRECHTE UND KINDERSCHUTZ

Kinder sind Träger aller Grundrechte und gleichzeitig besonders schutzbedürftig. Beteiligungsrechte für Kinder und die Beachtung des Kindeswohls gemäß der Kinderrechtekonvention der Vereinten Nationen (UN) werden wir auf allen Ebenen verbessern. Hierfür unterstützen wir den Aufbau von Kinderinteressenvertretungen auf Landes- und kommunaler Ebene sowie die Selbstorganisation von Kindern und Jugendlichen insbesondere in öffentlichen Bildungseinrichtungen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Die Verankerung von Beteiligungsrechten für Kinder und Jugendliche in allen Landesverfassungen sowie Gemeindeordnungen bzw. Kommunalverfassungen treiben wir voran. Das Recht auf Beteiligung und Information über die UN-Kinderrechtekonvention wird strukturell in Schulen und Kindertageseinrichtungen verankert. Die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz unterstützen wir mit voller Kraft.

Jedes fünfte Kind in Niedersachsen ist arm oder von Armut bedroht. Finanzielle Not, begrenzter Platz zu Hause und oftmals fehlende Betreuung und Anleitung haben massive Auswirkungen auf das Aufwachsen, die Bildung und somit auf die Zukunftschancen der Kinder. Wir bekämpfen Kinderarmut mit ganzer Kraft.

Wir machen uns im Bundesrat stark für eine zeitnahe Einführung der Kindergrundsicherung und Integration von SGB-II-Leistungen darin, um die Teilhabe aller Kinder am gesellschaftlichen Leben zu verbessern und Kinderarmut einzudämmen.

Wir werden Maßnahmen initiieren, die Kinder und Jugendliche insbesondere aus bildungsfernen Haushalten bei ihrem individuellen Ausbildungsweg unterstützen. Hier kommt es auf eine gute Vernetzung der Akteure in Schule und Jugendarbeit an.

Der Kinderschutz steht in Deutschland vor großen Herausforderungen. Schwere Fälle von Gewalt, auch sexualisierter Gewalt gegen Kinder, haben mehrfach in verschiedenen Bundesländern und auch bei uns in Niedersachsen die Gesellschaft und die Politik gleichermaßen entsetzt. Die Jugendämter sehen sich vor Problemen bei der Bewältigung dieser Fälle und müssen häufig intensiv mit Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden auch in anderen Bundesländern zusammenarbeiten. Die Erkenntnisse der Enquete-

kommission zur Verbesserung des Kinderschutzes des Niedersächsischen Landtages der 18. Wahlperiode nehmen wir ernst. Mit der Umsetzung des neuen Jugendhilferechts (SB-VIII-Ausführungsgesetz) richten wir flächendeckend Ombudsstellen als Anlaufstellen für Betroffene und Hilfesuchende in Niedersachsen ein und verankern sie fest in der Kinder- und Jugendhilfe. Für die Jugendhilfe werden wir einen Niedersachsenstandard entwickeln, der unabhängig vom Wohnort des Kindes gleichwertige Kinderschutzbe- dingungen garantiert. Schließlich werden wir in einem Niedersächsischen Kinderschutzgesetz alle landesrechtlichen Vorschriften bündeln und optimieren.

5.4 KINDER UND JUGENDLICHE STÄRKEN

Kinder und Jugendliche sind Experten für das eigene Leben. Sie müssen ernst genommen werden und Demokratie erleben können. Daher werden wir ihre Beteiligungs- und Mitentscheidungsrechte ausbauen. Dies gilt in der Schule, in der Kommune und auch auf Landesebene. Daher werden wir das Wahlalter bei Landtagswahlen auf 16 Jahre herabsetzen!

Die Rechte der Schülervertretungen werden wir erweitern, damit sie auf Augenhöhe mit Lehrer- und Elternvertretungen kommen. Wir werden Beteiligungsformate für Kinder und Jugendliche in jeder Kommune verpflichtend mit Budget- und Entscheidungs- kompetenz einführen.

Wir haben das Programm „Startklar für die Zukunft“ aufgelegt, um Kindern und Jugendlichen kostenfreie Möglichkeiten zur Inter- aktion zu bieten. Es ist das bisher umfangreichste Jugendförderprojekt in der Geschichte Niedersachsens. Das Programm werden wir verstetigen und in einem modernen Jugendfördergesetz absichern. Die Förderung der Jugendverbände wird darüber hinaus fortgesetzt.

Gewaltfreiheit ist die Basis für ein sicheres und gutes Aufwachsen. Wir werden eine Kampagne „Gewaltfreie Erziehung“ und eine Sensibilisierungsoffensive „Kinderschutz geht uns alle an!“ starten. Die Gewaltberatungsstellen werden wir flächendeckend ausbauen und mit Jugendhäusern vernetzen.

5.5 FRAUEN UND GLEICHSTELLUNGSPOLITIK

Parität im Parlament

Wir sind überzeugt: Parlamente müssen grundsätzlich paritätisch mit Frauen und Männern besetzt sein, um angemessen die Bevölkerung und ihren Willen abzubilden. Allerdings liegt der Anteil der Parlamentarierinnen im aktuellen Deutschen Bundestag bei nicht mehr als 30,7 Prozent. Im Niedersächsischen Landtag sind gerade einmal 27,7 Prozent der Parlamentsmitglieder weiblich, gefolgt von 27 Prozent in den kommunalen Vertretungen (Kreistage und Gemeinderäte) Niedersachsens. Mehr als 100 Jahre nach Einführung des aktiven und passiven Wahlrechts für Frauen in Deutschland müssen wir feststellen: Eine paritätische Besetzung der Parlamente wird sich auf absehbare Zeit nicht von alleine ergeben. Unser Ziel für Niedersachsen ist dafür klar: Wir wollen die Unter- repräsentanz von Frauen in den parlamentarischen Vertretungen beenden.

Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir in den vergangenen Jahren im Rahmen einer breit angelegten Debatte gemeinsam mit Expertinnen und Experten und vielen engagierten Frauen aus verschiedenen Verbänden intensiv über die Notwendigkeit und die Möglichkeiten zur Erreichung der Parität diskutiert. Nachdem erste Paritätsgesetze in Brandenburg und Thüringen von den

dortigen Verfassungsgerichten für nicht rechtmäßig erklärt wurden, ist es wichtig, die Debatte unter besonderer Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Aspekte fortzuführen und ein Modell für Niedersachsen zu entwickeln. Es bedarf verschiedener Regelungen, die eine paritätische Teilhabe von Frauen an der Politik sicherstellen – daran werden wir in der kommenden Legislaturperiode weiterarbeiten. Bedarf es dazu einer Änderung der Gesetzgebung, werden wir mit guten Argumenten für Mehrheiten im Parlament kämpfen.

Der Blick nach vorn zeigt auch – ohne konsequentes Handeln für mehr Frauen in den Parlamenten werden unsere Ziele nicht erreicht! Deswegen werden wir alles daransetzen, parallel zu unseren Initiativen zur Einführung eines Paritätsgesetzes mehr Wege für Frauen in Politik und Parlamente zu eröffnen. Dazu gibt es gute und erfolgreiche Instrumente wie beispielweise Mentoring- Programme, Maßnahmen für eine bessere Vereinbarkeit von Politik und Privatem und die Unterstützung von Frauennetzwerken. Eine besondere Verantwortung kommt dabei den Parteien bei der Aufstellung ihrer Wahllisten zu.

Für uns steht fest: Die künftige sozialdemokratisch geführte Landesregierung wird zu gleichen Teilen mit Frauen und Männern besetzt sein.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf

In der Arbeitswelt gewinnen mobiles Arbeiten und Homeoffice, befördert durch die noch nicht beendete Corona-Pandemie, an Bedeutung. Wir setzen uns politisch dafür ein, dass mobiles Arbeiten und Homeoffice geschlechtergerecht gestaltet werden, damit eine Überlastung von Frauen durch Erwerbs- und Familienarbeit vermieden wird. Dabei spielen auch innerfamiliäre Aushandlungs- prozesse eine Rolle, um die Familienarbeit, die auch heute noch überwiegend von Frauen geleistet wird, in der Partnerschaft gerecht zu verteilen.

Um Müttern und Vätern die Sicherheit zu geben, dass ihre Kinder während der Erwerbsarbeit gut versorgt und betreut sind, muss die Betreuung von Kindern unter zwölf Jahren weiter ausgebaut und flexibilisiert werden.

So haben Frauen mit Familie durch die Erfordernisse von Erwerbs- und Familienarbeit oftmals Schwierigkeiten, an Angeboten für den Zweiten Bildungsweg teilzunehmen. Angebote sollten deshalb so ausgestaltet werden, dass Familienarbeit kein Hindernis für eine Weiterqualifizierung ist. Aber auch hier bleiben innerfamiliäre Aushandlungsprozesse gefragt.

Schutz vor häuslicher Gewalt

Gewalt gegen Frauen und Kinder ist nach wie vor in allen gesellschaftlichen Schichten und Communities ein großes Problem. Die Gewaltbetroffenheit von Frauen ist leider in den vergangenen Jahren gestiegen. Die Corona-Pandemie hat die Situation von

Frauen nochmals verschlechtert. Wir werden die Bundesinitiative für einen Rechtsanspruch auf einen Frauenhausplatz unterstützen und in Niedersachsen das vorhandene Schutznetz aus Beratungsstellen, Frauen- und Mädchenhäusern, Schutzwohnungen u. a. gemeinsam mit den Kommunen, deren originäre Aufgabe dies ist, weiter ausbauen und professionalisieren. Frauen, die von Gewalt betroffen sind, haben einen Anspruch darauf, professionell begleitet zu werden, um sich ein gewaltfreies und beruflich unabhängiges Leben allein oder mit ihren Kindern aufbauen zu können. Frauenhäuser werden wir künftig im niedersächsischen Gesetz über den Finanzausgleich absichern und so eine verlässliche Finanzierungsgrundlage für sie schaffen.

Im Hinblick auf die Prävention von Gewalt braucht es mehr Angebote für die meist männlichen Täter, ein anderes Verhalten zu lernen. Der Ausbau der Täterberatung wird von uns weiter vorangebracht werden.

Kinder, die in Gewaltbeziehungen aufwachsen müssen, übernehmen viel zu früh große Verantwortung. Sie erleiden Traumata und lernen keine konstruktive Konfliktbewältigung innerhalb der Familie, sondern fortdauernde existenzielle Ohnmacht. Kinder haben einen eigenen Anspruch auf Schutz und Verarbeitung ihrer Erlebnisse, um später ihr eigenes Leben gewaltfrei leben zu können. Wir werden daher den Landesaktionsplan III weiterentwickeln und umsetzen.

Polizei und Justiz werden wir durch Weiterbildungen zum Thema Gewalt gegen Frauen noch weiter für das Thema sensibilisieren. Die enge Zusammenarbeit zwischen Polizeidienststellen und den örtlich verfügbaren Institutionen zum Schutz von Frauen werden wir noch weiter ausbauen. Die konsequente Handhabung des Prinzips „Wer schlägt, geht“ muss mit der Weg-Weisung umgesetzt werden.

Weiterentwicklung des Gleichstellungsgesetzes

Zur weiteren Verbesserung der Geschlechtergerechtigkeit in der Landesverwaltung wird das Niedersächsische Gleichstellungs- gesetz weiterentwickelt. Dazu gehören ein verbindlicher Gleichstellungsplan in den Behörden, die direkte Verantwortlichkeit der Behördenleitung für die Umsetzung des Gleichstellungsplans und Sanktionen bei Nichterreichung. Die faire Beteiligung von Frauen an Führungsaufgaben in der Landesverwaltung werden wir evaluieren und monitoren. Unser Ziel ist, die Hälfte der Führungs- positionen mit Frauen zu besetzen. Dabei haben wir auch die Unternehmen im Blick, bei denen das Land Anteilseigner ist.

Bei der Beurteilung von Qualifizierungen für höhere Dienstaufgaben braucht es eine angemessene Berücksichtigung von Sorgeaufgaben, die Männer und Frauen übernehmen.

Im Rahmen der Energie- und Mobilitätswende, die zurzeit in Deutschland und besonders auch in Niedersachsen vollzogen wird, wird es zu Änderungen im Städtebau, Wohnungsbau und bei der Mobilität kommen. Es ist unabdingbar, dass die Sicht von Frauen durch geeignete Partizipationsmöglichkeiten gesichert und eingebracht wird. Um nur einige Beispiele zu nennen: Familienaufgaben bei der Erstellung von ÖPNV-Takten, Sicherheit an Haltestellen, Angsträume in Städten bzw. Wohnquartieren. Frauen haben durch ihre Berufe und Lebensaufgaben eigene Bedarfe und Ansprüche an die Gestaltung ihrer Lebenswelt.

5.6 KUNST UND KULTUR FÖRDERN, DIE DIE GESELLSCHAFT FORDERT

Kunst und Kultur leisten einen herausragenden Beitrag im gesellschaftlichen Diskurs. Eine sich wandelnde Gesellschaft steht immer wieder vor neuen Herausforderungen und Veränderungen; hier schaffen Kunst und Kultur einen Raum für Reflexion. Die Begegnung mit Kunst und Kultur stärkt die Persönlichkeit und das Selbstbewusstsein des einzelnen Menschen und das solidarische Miteinander. Deshalb setzen wir uns für ein flächendeckendes, breites und vielfältiges Kulturangebot ein. Der Zugang zu Kunst und Kultur muss barrierefrei sein. Das beinhaltet auch die soziale Barrierefreiheit. Kunst und Kultur müssen für alle offen sein und dürfen nicht nur wenigen gesellschaftlichen Gruppen vorbehalten bleiben. Dies gilt im Besonderen für Kinder und Jugendliche sowie für Menschen mit Beeinträchtigungen oder Einschränkungen. Hier müssen die Teilhabemöglichkeiten ausgebaut werden.

Die Bedeutung von Kunst und Kultur ist in der Corona-Pandemie besonders deutlich geworden. Der Zugang zu und das flächendeckende Vorhandensein von Kultur sind eben keine Selbstverständlichkeit. Auch sind erhebliche Unwuchten in den Beschäftigungs- verhältnissen und bei der sozialen Absicherung deutlich geworden. Deshalb setzen wir uns auch in der Kulturbranche für Gute Arbeit ein. Dies umfasst die Anerkennung und Übernahme ausgehandelter Tariferhöhungen ebenso wie Ausstellungshonorare und wirksame Stipendienprogramme. Das Land Niedersachsen wird seine Zuschüsse an die acht kommunalen Theater und an das Göttinger Symphonieorchester vertraglich an die jeweilig abgeschlossenen Tarifverträge anpassen. Für die kommunalen und Staats- theater werden wir die Mindestgagen erhöhen. Soloselbstständige sowie temporär und/oder prekär Beschäftigte müssen besonders in den Fokus genommen werden und eine faire soziale Absicherung erfahren.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Kulturbranche muss besser gewährleistet werden. Dafür werden wir mit den Interessengruppen und Verbänden praxisnahe Lösungen erarbeiten. Dazu gehört auch eine bessere Planungssicherheit. Deshalb werden wir unter anderem prüfen, wie vertragliche Zusagen verlängert werden können.

Wir werden die Landeskultureinrichtungen erhalten und stärken. Landesmuseen, Landesbibliotheken, das Landesarchiv sowie die Staatstheater bilden zentrale Säulen der Kunst und Kultur in Niedersachsen. Den Investitionsstau wollen wir abbauen. Damit können die Kosten für den Unterhalt reduziert werden. Außerdem werden die Arbeitsplätze durch moderne und auch digitale Um- und Ausbauten deutlich attraktiver.

Die freie Theaterszene ist neben den Staats- und Stadttheatern sowie den Landesbühnen eine wichtige Säule der professionellen Theaterlandschaft in Niedersachsen. Das wirtschaftliche Überleben der Theater basiert fast ausschließlich auf einem Finanzierungs- mix verschiedener Projektförderungen. Wir setzen uns daher für die Verstetigung und den Ausbau der Spielstättenförderung in Niedersachsen ein.

Den eingeschlagenen Weg bei der Digitalisierung der Bibliotheken werden wir weiterverfolgen und unsere Anstrengungen verstärken.

Für viele Kinder und Jugendliche führt der erste Kontakt mit Kunst und Kultur über die Musik. Deshalb werden wir die öffentlichen und gemeinnützigen Musikschulen stärken. Hier werden wir in einem Dialog mit den Trägern und Kommunen die Vielfalt und Qualität sicherstellen. Dazu gehört eine stärkere finanzielle Beteiligung des Landes ebenso wie die Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Um qualifiziertes Personal zu finden und zu halten, muss das Regelarbeitsverhältnis sozialversicherungspflichtig sein. Des Weiteren werden wir speziell Kinder und Jugendliche fördern, die von Haus aus keinen Zugang haben oder denen die finanziellen Mittel fehlen.

Für einen breiten Zugang zu Musik und Theater kann der Ganztag in den Schulen seinen Beitrag leisten. Wir unterstützen entsprechende Kooperationen. Hierzu werden wir ebenfalls dem Bedarf an Musik- und Theaterpädagogik nachkommen.

Soziokulturelle Zentren bereichern die Kommunen und sind wichtige Treffpunkte – gerade auch in ländlichen Regionen. Diese wichtige Arbeit werden wir weiter fördern. Kunst und Kultur sind für uns Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge.

Wir werden einen umfassenden Kulturdialog ins Leben rufen. Der regelmäßige Austausch mit Verbänden, Trägern und solo- selbstständigen Kulturschaffenden ist ein wesentlicher Impulsgeber für die Politik.

Zur nachhaltigen Sicherstellung und Weiterentwicklung der kulturellen Angebote in Niedersachsen werden wir das Kulturfördergesetz in einem breiten Beteiligungsprozess evaluieren und an aktuelle Erfordernisse anpassen.

Ferner bekennen wir uns zu freiheitlichen und unabhängigen Medien. Diese sind wesentlicher Bestandteil einer Demokratie. Im Spagat zwischen den Vor- und Nachteilen neuer Medien ist es wichtig, den Gedanken einer europäischen Medienplattform zu unterstützen. Eine weitere Entwicklung der vergangenen Jahre, nämlich die Schwierigkeiten, die qualitative regionale Bericht- erstattung zu erhalten, müssen wir strategisch betrachten. Deshalb werden wir die Bürgermedien mit ihrer zunehmenden Bedeutung für den Zusammenhalt lokaler Zivilgesellschaften nachhaltig sichern und dort, wo noch nicht vorhanden, einrichten.

5.7 NIEDERSACHSEN ALS LAND FÜR WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG

Wissenschaft ist der Schlüssel zum Erfolg im 21. Jahrhundert. Längst geht es auf der Welt mehr um Wissensschätze denn um Bodenschätze. Schon das Unternehmen Biontech macht es uns vor: Ein Vorsprung im Wissen, Mut zur schnellen Reaktion und kluge öffentliche Förderung bringen uns insgesamt an die Weltspitze in einzelnen Wirtschaftszweigen.

Wir werden Niedersachsen als Ganzes zu einem Land für Wissenschaft und Forschung machen. Dazu werden wir die Hochschulen stärken, den digitalen Zugang zur Hochschulbildung von überall aus Niedersachsen ermöglichen und die Hochschulen in regionalen Innovationspartnerschaften zusammenführen. Auch unsere Hochschulgebäude machen wir fit für die Zukunft. Wir wollen modernste Häuser für die besten Ideen!

Durch Forschung macht Niedersachsen seine Landwirtschaft, seine Mobilitätsindustrie und den Gesundheitsbereich bereit für die großen Herausforderungen in unserer Gesellschaft.

Hochschulen für viele

Wir werden verlässlicher Partner der Hochschulen sein. Deshalb garantieren wir heute schon mit dem Hochschulentwicklungs- vertrag Planungssicherheit bis 2023. Das hat zu einer positiven Entwicklung unserer Hochschulen geführt. Genau deshalb werden wir diese Garantie fortschreiben. Um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen weiter zu steigern, werden wir u. a. die Zahl der Professuren merklich erhöhen.

Wir stehen für die Festlegung von Vereinbarungen mit den Hochschulen im nächsten Hochschulentwicklungsvertrag, die planbare Karrierewege in der Wissenschaft ermöglichen, Gute Arbeit in der Wissenschaft sicherstellen und berufliche Optionen neben der Professur schaffen. Als Arbeitgeber werden wir als Land sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnisse insbesondere an den Hoch- schulen deutlich reduzieren und diese dazu verpflichten, die Anteile befristet Beschäftigter nachweisbar abzusenken. Wir werden uns für einen bundesweiten Tarifvertrag für studentische Beschäftigte einsetzen und, sollte sich dieser nicht umsetzen lassen, einen Tarifvertrag auf Landesebene aushandeln. Um Studierenden auch während des Pflichtpraktikums finanzielle Sicherheit zu geben und ihnen eine gerechte Entlohnung zu bieten, führen wir den Mindestlohn für Pflichtpraktika ein.

Forschung braucht Nachwuchs. Deshalb werden wir die Zahl der Studierenden in Niedersachsen mit heute schon über 210.000 weiterhin sehr hoch halten.

Viele Studierende müssen neben dem Studium noch arbeiten. Dies führt dazu, dass weniger Zeit mit Lernen verbracht werden kann und das Studium länger dauert. Um jeder und jedem die Chance zu geben, das Studium ihrer oder seiner Wahl abzuschließen, sollen die Langzeitstudiengebühren abgeschafft werden.

Wir wollen noch viel mehr: Wir werden eine Neujustierung der Nachwuchsförderung unter Perspektiven der Gleichstellung vor- nehmen und den Ausbau und die Absicherung der akademischen Ausbildung von qualifizierten Fachkräften besonders in den Bereichen Gesundheit, Erziehung (Lehrkräfte) und Pflege vorantreiben.

Das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung in Hannover werden wir als nationales Zentrum für Hochschul- entwicklung ausbauen. So sorgen wir dafür, dass Niedersachsen bundesweit zum Leuchtturm in der Hochschulentwicklung wird.

Zentral für die Entwicklung unseres Landes ist die Vernetzung von Forschung und Wirtschaft. Unser Ziel ist es, regionale Wissens- ökosysteme zu schaffen. Wir wollen, dass unsere Hochschulen durch innovative Profile glänzen können. Deshalb setzen wir auf regionale Innovationsräume zwischen Hochschulen, Gesellschaft und Wirtschaft. Diese werden wir entwickeln und weiter ausbauen. Wir werden die bestehenden Einrichtungen zur Förderung digitaler Innovationen – Digitalagentur und Zentrum für Digitale Innovatio- nen Niedersachsen (ZDIN) – verstetigen und eng abgestimmt fortführen.

Um im internationalen Wettbewerb der Forschungsstandorte weiter nach vorne zu kommen, werden wir die europäischen und internationalen Beziehungen unserer Hochschulen fördern und unterstützen. Wir werden die Hochschulen dabei unterstützen, Spitzenforscherinnen und Spitzenforscher anzuziehen. Wir werden unsere Hochschulen zu einem Magneten für die nächste Generation der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler machen.

Für uns ist klar: Niedersachsen braucht exzellente und zukunftsfähige Hochschulen. Uns ist die Spitzenforschung wichtig und ebenso die Fächervielfalt an unseren niedersächsischen Hochschulen. Deshalb werden wir beides fördern.

Forschung für Niedersachsen ausbauen

Niedersachsen ist führend in zentralen Wissenschaftsbereichen, bei der Mobilität (z. B. Leichtbau, E-Mobilität und Aviation) ebenso wie bei den erneuerbaren Energien (Geothermie, Windenergie, Smart Grids). Unsere Klima- und Meeresforschung (Meerestechnik und Green Shipping) wird international beachtet wie auch unsere Agrar- und Ernährungswirtschaft (Bioökonomie). Allein an diesen herausragenden Forschungsschwerpunkten ist festzustellen, wie eng die niedersächsische Forschungslandschaft mit unseren zentralen Wirtschaftsbereichen verknüpft ist. Diese enge Verbindung ist ein echter Motor für die Entwicklung unseres Landes.

Niedersachsen betreibt Spitzenforschung und verwandelt sie in wirtschaftlichen Erfolg, bei den Lebenswissenschaften und in der Medizin (E-Health, Optische Nanoskopie, personalisierte Therapien) ebenso wie in wesentlichen Schlüsseltechnologien. Dies sind u. a. die Modernisierung der Produktionssysteme (z. B. Additive Fertigung, Nanomaterialien, Optik und Photonik inklusive Mess- technik und medizinische Bildgebung), die Biotechnologisierung: neue molekularbiologische Werkzeuge, Digitalisierung (z. B. Künstliche Intelligenz, Quantencomputer, Cybersicherheit, Blockchain, Open Source und Open Data) und klimaschützende und ressourcenschonende Technologien der Kreislaufwirtschaft.

Unser Grundsatz für Forschung und Wirtschaft heißt Vernetzung und wir wissen genau, was dabei zu tun ist. Das Forschungs- bündnis „Quantum Valley Lower Saxony“ bündelt heute schon die Expertise von über 400 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit einem Ziel: ein Quantencomputer bis zum Jahr 2025. Hier entsteht heute die Wertschöpfung von morgen.

Auch die Digitalisierungsforschung wurde strukturell gestärkt: Das Forschungszentrum L3S der Leibniz Universität Hannover werden wir dauerhaft fördern und haben mittlerweile 50 zusätzliche Digitalisierungsprofessuren eingerichtet.

Das Zentrum für digitale Innovationen Niedersachsen bauen wir weiter aus.

Die Arbeit an zukunftsweisenden Projekten wie beispielsweise der TIB in Hannover, der DFKI in Osnabrück und Oldenburg sowie Göttingen als Standort für nationales Hochleistungsrechnen ist für die zukünftige Ausrichtung und Entwicklung der Digitalisierungs- prozesse daher besonders wertvoll. Wir werden Rahmenbedingungen schaffen, die der Bedeutung von Digitalisierungsprozessen Rechnung tragen und das beste Fachpersonal für die Begleitung der entsprechenden Prozesse in Niedersachsen gewinnen.

Mit dem COVID-19-Forschungsnetzwerk Niedersachsen (COFONI) hat das Land eine leistungsstarke Forschungsallianz geschaffen, die Antworten auf aktuelle und drängende Fragen zum Infektionsschutz der Bevölkerung geben wird.

Qualitativ hochwertige Kooperationen und für alle Beteiligten produktiver Austausch wird in der Forschungswelt künftig noch wichtiger werden als bisher. Dazu werden wir neue Ansätze erarbeiten, die diesen Wissenstransfer besser als bisher ermöglichen.

Mehr Exzellenzcluster für Niedersachsen

Niedersachsen hat bereits sechs Exzellenzcluster. Auf jedes einzelne dieser Cluster können wir zu Recht sehr stolz sein. Dieser Erfolg ist für uns ein Antrieb, kein Grund, sich auszuruhen. Wir werden die Zahl der Exzellenzcluster nochmals steigern, denn jedes neue Cluster bedeutet eine neue große Chance für die Entwicklung einer neuen Zukunftsbranche in Niedersachsen.

Deshalb werden wir als Land weitere Forschungsbereiche ausbauen – alternative Energiesysteme ebenso wie die Klima- folgenforschung. Wir investieren in mehr Forschung zu nachhaltiger Ressourcennutzung und Biodiversitätserhaltung ebenso wie in Biomedizin und Biotechnologie. Wir werden bei Big Data und Künstlicher Intelligenz ganz vorne mitspielen und auch gesellschaftliche Megatrends wie Migration, Demokratie, gesellschaftlichen Zusammenhalt und Bildung beforschen.

Das ist ein ambitioniertes Programm, das zu unserem Land bestens passt.

Digitale Forschung und Lehre fördern

Die Corona-Pandemie hat durch die Digitalisierung neue Möglichkeiten für die Lehre und Betreuung von Studierenden eröffnet, insbesondere durch individuellere Betreuungsmöglichkeiten und die Stärkung interaktiver Elemente. Dabei muss vor allem in der digitalen Lehre darauf geachtet werden, dass Formate auf Hören und Sehen basieren und damit beide Sinne ansprechen.

Zudem müssen die Möglichkeiten des Teilzeit-, Fern- und berufsbegleitenden Studiums sowie die Kombination von Studium und Familienzeit erhalten und ausgebaut werden. Wir werden zur Förderung dieser Lehr- und Lernformen einen Innovationsfonds einrichten. Wir verfolgen deshalb weiterhin eine umfassende Digitalisierungsstrategie.

Verlässlich in Infrastrukturen investieren

Marode Universitätsgebäude laden nicht zum Nachdenken über die Zukunft ein. Deshalb investieren wir in die Gebäude. Dabei wollen wir die Neubauten von MHH und UMG zu bundesweiten Leuchttürmen machen. Doch wir wollen auch die Sanierung in der Fläche.

Hochschulen sind für uns wichtige Standortfaktoren. Deshalb wollen wir alle Hochschulen sanieren und werden in die bauliche, perso- nelle und digitale Infrastruktur investieren. Die Investitionen werden wir über eine Hochschulentwicklungsgesellschaft finanzieren.

Fairer Zugang zu Hochschulen für alle

Bei all unserer Forschungseuphorie verlieren wir die soziale Frage nie aus dem Blick. In Niedersachsen herrscht eine ungleiche Verteilung der Ressource Hochschulbildung. Kinder von Akademikerinnen und Akademikern verfügen heute über eine etwa sechsmal so hohe Chance, ein Studium aufzunehmen, wie junge Menschen aus bildungsfernen Elternhäusern. Den Zugang zu Bildung für alle Menschen zu ermöglichen, ist eine Kernaufgabe sozialdemokratischer Politik.

Hochschulbildung ist international. Wir ermöglichen daher auch nicht-europäischen Studierenden das Studium an niedersächsischen Hochschulen. Ausländische Studierende erhalten daher für die Dauer ihres Studiums einen Duldungsstatus.

Wir wollen die Studierendenwerke bei der Wahrnehmung ihrer sozialen Verantwortung und beim Ausbau einer sozialen Infrastruktur unterstützen. Dazu gehören für uns u. a. die Schaffung studentischen Wohnraums, die Kinderbetreuung und die psychosoziale Fürsorge für Studierende.

Die tertiäre Lehre in der Fläche wollen wir neu denken. Regionale Hochschulpartnerschaften im Netzwerk mit Einrichtungen der Erwachsenenbildung bei gleichzeitiger Weiterentwicklung der digitalen Lehre sind eine Chance für unser Land.

Fachhochschulen sind für junge Menschen aus sogenannten bildungsfernen Familien oft leichter zugänglich als Universitäten. Deshalb müssen auch die niedersächsischen Universities of Applied Sciences (Hochschulen für Angewandte Wissenschaften; HAW) in diesem Zuge eine Aufwertung erhalten. Sie sollen daher das uneingeschränkte Promotionsrecht erhalten.

5.8 ERWACHSENENBILDUNG: LEBENSBEGLEITENDES LERNEN

Jeder Mensch lernt ein Leben lang. Wir befürworten die strukturelle Absicherung der gesamten allgemeinen Erwachsenen- und Weiterbildung und eine Anerkennung des Systems des lebensbegleitenden Lernens als vierte Säule des Bildungssystems.

Wir stehen für die Weiterentwicklung des Niedersächsischen Erwachsenenbildungsgesetzes in der Form, dass es vollständig an die Möglichkeiten neuer digitaler Angebote angepasst wird. Angebote zur politischen Bildung müssen digitalisiert, intuitiv und zugänglich gestaltet werden.

Wir sorgen beim lebensbegleitenden Lernen für die Verstetigung des Aufwuchses der Finanzhilfe und überführen den Digital Campus Niedersachsen in ein Regelprogramm des Landes für die Erwachsenenbildung.

Wir streben die Stärkung und den Ausbau der Niedersächsischen Landeszentrale für Politische Bildung als Fach- und Netzwerkstelle für politische Beteiligung an, insbesondere im Bereich politische Medienkompetenz.

Weitere Kapitel

Weitere Fassungen des Regierungsprogramms

Wir machen soziale Politik für dich und mit dir.