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Regierungsprogramm der SPD in Niedersachsen zur Landtagswahl 2022.

Wortwolke - Kapitel 6 des Regierungsprogramms der SPD in Niedersachsen zur Landtagswahl 2022

Freiheit entsteht durch Vertrauen. Nur wenn wir darauf vertrauen können, dass wir geschützt werden, sind wir frei von Angst. Nur wenn wir darauf vertrauen können, dass uns in der Krise geholfen wird, können wir Risiken eingehen. Deshalb ist das Versprechen eines sicheren Lebens auch ein Versprechen von Freiheit.

Wir stehen für die Freiheit, die allen zuteil wird. Eine Freiheit, die nicht nur dem Starken jedes Recht zubilligt, sondern auch dem Schwachen eine Chance bietet.

Unser Menschen- und Gesellschaftsbild ist ein positives. Wir sind der Überzeugung, dass in unserem Land Niedersachsen nicht lau- ter Egoisten leben, sondern dass die Menschen hier hilfsbereit und freundlich sind. Wir wissen, dass man sich in Niedersachsen ge- genseitig unterstützt und einander Gutes gönnt. Diese Kultur des Zusammenhalts wollen wir weiter fördern. Sie ist das Fundament, auf dem wir alle ein gutes Leben errichten können. Dieses Fundament festigen wir jeden Tag. Es schafft Sicherheit, die alle stärkt.

6.1 INNERE SICHERHEIT

Die objektive Sicherheit hat sich in Niedersachsen in den letzten Jahren weiter verbessert. 2021 haben wir erneut einen historischen Tiefstand mit weniger als 500.000 Straftaten registriert und mit über 64 Prozent eine der höchsten jemals in Niedersachsen gemes- sene Aufklärungsquote erreicht. Durch unsere Initiativen haben wir einen neuen Höchststand aktiver Polizeibeamtinnen und -beam- ten erreicht. Mit über 1.500 zusätzlich eingestellten jungen Polizistinnen und Polizisten werden wir unserem Anspruch einer spezia- lisierten und zugleich bürgernahen Polizei gerecht. Noch nie wurden in Niedersachsen so viele Polizeinachwuchskräfte ausgebildet wie heute. Eine lebendige demokratische Polizeikultur wird mit uns weiter gestärkt.

Die Bürgerinnen und Bürger werden weiterhin darauf vertrauen können, dass wir uns für eine gut ausgebildete, geschützte und auf alle Einsatzlagen vorbereitete Polizei stark machen. Zugleich werden wir die Polizei weiter modernisieren und eine Digitalisierungs- offensive starten: Neben modernster Analyse- und Auswertesoftware werden wir alle Arbeitsplätze mit mobilen Endgeräten ausstat- ten und ortsunabhängiges Arbeiten, auch als Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, ermöglichen. Diensthandys werden flächendeckend angeschafft und für eine moderne Kommunikation zur Verfügung gestellt werden.

Den Weg der Stärkung der öffentlichen Sicherheit werden wir mit zusätzlichen Stellen in Vollzug, Verwaltung und Tarif in den kom- menden Jahren weitergehen. Durch ein neues Freisetzungsprogramm – verbunden mit besseren Rahmen- und Perspektivmöglich- keiten für Tarifbeschäftigte – werden wir den Vollzugsbereich effektiv entlasten.

Die Polizistinnen und Polizisten werden sich auch in Zukunft auf uns verlassen können. Polizeidienststellen gehören zur Grundinfra- struktur der öffentlichen Daseinsvorsorge. Den Investitionsstau bei der Sanierung von Polizeiliegenschaften werden wir durch eine zeitgemäße Investitionspolitik mit einem eigenen Programm in Höhe von 300 Millionen Euro beseitigen. Unsere Einsatzfähigkeit verbessern wir durch neue Hubschrauber, die Beschaffung eines modernen Küstenbootes und durch neue Funkstreifenwagen.

Es darf keine rechtsfreien Räume in der digitalen Welt geben. Der zunehmenden Verrohung im Internet und der Verlagerung von Straftaten in den Cyberraum werden wir durch eine landesweite Ausbildungsoffensive zur Stärkung der digitalen Ermittlungskompe- tenz wie auch durch zusätzliche IT-Expertinnen und IT-Experten in den spezialisierten Fachdienststellen begegnen. In einem ersten Schritt werden wir die Hardware für eine digitale Asservatenkammer beschaffen, die Möglichkeiten der Anwendung von Künstlicher Intelligenz nutzen und effizientere Analysetools für digitale Spuren ermöglichen.

Den Kampf gegen sexuelle Gewalt und Übergriffe werden wir zu einem Schwerpunkt polizeilicher Arbeit machen und hierfür zusätz- liche personelle, technische und finanzielle Ressourcen bereitstellen. Die Feststellung von pädosexuellem Missbrauch und Kinder- pornografie sowie das Volumen inkriminierter Datenträger nehmen in einem Umfang und einer Geschwindigkeit zu, der Polizei und Justiz mit voller Entschlossenheit entgegentreten werden. Für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz werden wir die technischen und rechtlichen Voraussetzungen schaffen und die Polizei bei der Auswertung der Daten stärker entlasten. Den Ermittlerinnen und Ermittlern im Bereich der Bekämpfung von Kinderpornografie sollen für die besondere Belastung eine Erschwerniszulage von bis zu 300 Euro monatlich gezahlt und psychosoziale Unterstützungsangebote verpflichtend angeboten werden.

Der jährliche Anstieg von Gewaltstraftaten gegen Frauen – insbesondere von Femiziden – bereitet uns große Sorge. Wir werden uns für einen besseren Schutz von Frauen einsetzen und bestehende Handlung- und Interventionsansätze der Polizei optimieren. Gegenüber dem Bund werden wir uns für eine Änderung des Strafgesetzbuches einsetzen, damit insbesondere Femizide künftig härter bestraft werden.

Den Druck auf die Organisierte Kriminalität werden wir weiter erhöhen und die Möglichkeiten der Vermögensabschöpfung sowie der Einziehung illegal erlangter Vermögenswerte konsequent durchsetzen. Die länderübergreifende und vernetzte Zusammenarbeit der Polizei werden wir angesichts der zunehmenden Internationalität und Komplexität von Kriminalität intensivieren. Wir setzen uns vor diesem Hintergrund dafür ein, die Ressourcen und Kompetenzen für Europol deutlich auszuweiten. Gegen kriminelle Clans und Clanstrukturen als Teil der Organisierten Kriminalität werden wir weiterhin niedrigschwellig und mit allen Mitteln des Rechtsstaats entschlossen vorgehen.

Wir werden die Dienstunfallfürsorge modernisieren und zusammen mit Gewerkschaften und Personalvertretungen eine Arbeits- gruppe zur Identifizierung von Verbesserungs- und Handlungsbedarfen, insbesondere mit Blick auf die Pandemie und psychische Belastungen einrichten.

In den kommenden fünf Jahren werden wir über 4.000 talentierte junge Menschen in den Polizeidienst einstellen müssen – allein um die entsprechenden Pensionierungszahlen zu kompensieren. Als Land Niedersachsen stehen wir dabei nicht nur im Wettbewerb mit der Wirtschaft, sondern auch mit 15 weiteren Länderpolizeien und der Bundespolizei. Um auch weiterhin als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, müssen wir den Anschluss bei Besoldung, Personalentwicklung und Polizeizulagen im Wettbewerb um die besten Köpfe zu unseren Nachbarländern halten. Mit einem neuen Stellenhebungsprogramm werden wir die Dauer bis zur ersten Beförderung weiter senken und das Zulagensystem, orientiert am Bund, stufenweise anpassen. Die Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage wollen wir wieder einführen. Damit das Durchschnittsalter der Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten in Nieder- sachsen nicht weiter ansteigt, bleibt die besondere Altersgrenze in § 109 Absatz 1 Niedersächsisches Beamtengesetz (NBG) unangetastet.

Die Zahl der Mitbürgerinnen und Mitbürger mit Migrationsgeschichte wird sich künftig noch stärker bei der Polizei widerspiegeln. Die Stärkung der interkulturellen Kompetenzen der Polizei ist ein relevanter Faktor zum Erhalt der öffentlichen Sicherheit.

Wir verurteilen jegliche Gewalt und Aggressivität gegenüber Polizistinnen und Polizisten und den Beschäftigten in Rettungsdiensten und Katastrophenschutzorganisationen. Wir werden auch in Zukunft konsequent gegen solche Taten vorgehen.

Die mit gewerkschaftlicher Unterstützung gestartete Initiative „Polizeischutz für die Demokratie“ werden wir dauerhaft fortsetzen und personell stärken. Wir werden den Prozess der Demokratiestärkung der Polizei in allen Dienststellen weiter vorantreiben und das Zusammenwirken mit zivilgesellschaftlichen Akteuren aktiv fördern.

Brand- und Katastrophenschutz

Katastrophenlagen wie Moor- und Vegetationsbrände und auch Hochwasser haben die niedersächsischen Feuerwehren und Hilfs- organisationen in den vergangenen Jahren stark herausgefordert. Hierbei ist und bleibt der Einsatz der vielen engagierten Feuer- wehrleute und Rettungskräfte für die Sicherheit weiterhin unerlässlich. Unser Dank gilt den rund 130.000 Ehrenamtlichen in diesen Bereichen, die unverzichtbare Aufgaben im Alltag, im Notfall und auch im Katastrophenfall zu übernehmen bereit sind. Die gesell- schaftliche Wahrnehmung unserer Feuerwehr und der Hilfsorganisationen werden wir mit neuen Imagekampagnen fortsetzen.

Als eines der ersten Gesetze werden wir unter Einbeziehung des Landesfeuerwehrverbandes und der Ergebnisse der Struktur- kommission die Novellierung eines zukunftsweisenden Brandschutzgesetzes auf den Weg bringen. Neben kontinuierlichen Investitionen in die Fortentwicklung des Landesamtes für Brand- und Katastrophenschutz (NLBK) wollen wir eine dauerhafte Förderung der technischen und digitalen Ausstattung sowie die Stärkung des überörtlichen Brandschutzes und verbesserte Freistellungsansprüche erreichen. Zudem werden wir uns in finanzschwachen Kommunen weiterhin an der Modernisierung ihrer Feuerwehrinfrastruktur beteiligen.

Aus den Erkenntnissen der Hochwasserkatastrophe im Sommer 2021 werden wir die richtigen Schlüsse für unser Land ziehen und in einem ersten Schritt die Fähigkeiten von Feuerwehr und Katastrophenschutz weiter verbessern. Hierzu werden wir zusätzliche Fahrzeuge mit erhöhter Watfähigkeit sowie spezielle Hochleistungspumpen anschaffen.

Den Ausbau des Technik- und Trainingszentrums am NLBK-Standort in Celle-Scheuen wer-den wir konsequent fortsetzen, notwendige Investitionsmittel zur Verfügung stellen und die Ausbildungskapazitäten weiter erhöhen. Uns ist wichtig, dass die ehren- und hauptamtlichen Feuerwehrleute auch in Zukunft unter modernsten Bedingungen den Ernstfall trainieren können.

Auch die hauptamtliche Feuerwehr werden wir attraktiver machen. Hierzu wollen wir die Besoldung verbessen, die Feuerwehrzulage anheben, sie wieder ruhegehaltsfähig machen und den Anwärtersonderzuschlag dauerhaft erhöhen.

Durch die gezielte Förderung der Landesregierung haben viele Hilfsorganisationen neue Katastrophenschutzfahrzeuge erhalten. Die Landesregierung hat sich gegenüber dem Bund erheblich dafür eingesetzt, dass neue Löschfahrzeuge für den erweiterten Katastrophenschutz bereitgestellt und von den Feuerwehren in Dienst genommen werden konnten.

Wir werden die Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung und des Zivilschutzes stärker fördern und in den Wiederaufbau eines flächen- deckenden Sirenennetzes einsteigen. Aus den Erkenntnissen der Corona-Pandemie werden wir unsere Regelungen, Kapazitäten und Fähigkeiten zur Bewältigung und Verhinderung künftiger Schadenslagen überprüfen. Wir werden uns für eine Änderung des Vergaberechts einsetzen, damit notwendige Güter der Katastrophen- und Krisenvorsorge bevorzugt in Niedersachsen angeschafft werden können.

Das Ehrenamt werden wir insbesondere im Zivil- und Katastrophenschutz weiter stärken. Dazu werden wir ein Anerkennungs- system einführen, das der Helfermotivation und Bindung dienen soll. Die Helfenden der anerkannten Hilfsorganisationen werden wir den Freiwilligen Feuerwehren in Bezug auf die Freistellung nach dem Niedersächsischen Katastrophenschutzgesetz (NKatSG) gleichstellen.

Flucht, Migration und Integration

Wir unterstützen eine Politik, die Migration vorausschauend und realistisch gestaltet. Wir werden gemeinsam mit dem Bund reguläre Migration und Zuwanderung erleichtern. Menschen, die Schutz benötigen, erhalten in Niedersachsen Asyl.

Für eine Erleichterung der Zuwanderung dringend benötigter Arbeits- und Fachkräfte wollen wir uns weiter einsetzen. Wir setzen uns für ein vereinfachtes Verfahren zur Umsetzung der bundesgesetzlichen Regelungen zum Familiennachzug und für eine erleichterte Arbeitserlaubnis für Geduldete ein.

Niedersachsen ist ein Bundesland der Vielfalt. Deshalb gestalten wir eine soziale Migrationspolitik. Menschen, die keine Aus- sicht auf Asyl haben, unterstützen wir bei der freiwilligen Ausreise. Wenn Abschiebungen aufgrund der Gesetzeslage notwendig werden, gestalten wir diese so human wie möglich. Dazu gehört auch, dass wir das Kindeswohl besonders berücksichtigen. Die Abschiebungen Schwerkrimineller und von Gefährdern werden unter der Berücksichtigung internationalen Rechts priorisiert.

Wir werden die Beratungsangebote für Migrantinnen und Migranten ausbauen und damit eine Unterstützung in Bezug auf ein sicheres Aufenthaltsrecht etablieren.

Wir setzen uns gemeinsam mit der SPD-geführten Bundesregierung für die Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten migrationspolitischen Reform ein.

Für eine möglichst rasche Integration werden wir für alle Menschen, die nach Deutschland kommen, von Anfang an Integrations- kurse anbieten. Kinder und Jugendliche sollen schnellstmöglich Zugang zu Bildung bekommen. Wir werden die bestehenden niedersächsischen Integrationsprogramme gemeinsam mit unseren Partnern weiter ausbauen und den niedrigschwelligen Zugang zu diesen deutlich erweitern.

Migration, Integration und Teilhabe sind kontinuierliche dynamische Prozesse und betreffen in einer Gesellschaft der Vielfalt alle Menschen in Niedersachsen. Zur Unterstützung und Begleitung wurde die Migrationsberatung eingerichtet. Als Grundstruktur leistet sie vor Ort einen unverzichtbaren Beitrag zum Gelingen von Integration und Teilhabe. Deshalb werden wir die Finanzierung der Migrationsberatung verstetigen und dauerhaft auskömmlich absichern.

6.2 BÜRGERNAHE JUSTIZ, WEHRHAFTER RECHTSSTAAT

Der Rechtsstaat ist eine tragende Säule unserer Demokratie. Eine gute Justizpolitik muss dafür sorgen, dass alle vor dem Gesetz gleich behandelt werden und einen einfachen und guten Zugang zum Recht haben.

Wir werden für eine gute personelle und sachliche Ausstattung von Gerichten und Staatsanwaltschaften sorgen. Ein Schwerpunkt wird die Aufstockung des Justizpersonals auf 1,0 nach dem Personalbedarfsberechnungssystem PEBB§Y für alle Dienste sein. Über ein Landesinvestitionsprogramm werden wir Investitionen in Sicherheit, Barrierefreiheit und Klimaneutralität in den Justizgebäuden angehen. Die Umsetzung der großen Bauvorhaben (Gerichtszentrum Oldenburg und Gerichtsgebäude für die Staatsschutzsenate

in Celle) werden wir beschleunigen. Gewalt und Bedrohungen gegen Beschäftigte in der Justiz nehmen wir ernst. Neben baulichen Maßnahmen werden wir dafür Sorge tragen, dass flächendeckend Einlasskontrollen in den Gerichten und Justizbehörden statt- finden. Die regionalen Sicherheitsteams werden wir ausbauen und verstärken sowie den Wachtmeisterdienst attraktiver gestalten. Private Sicherheitsdienste werden wir in der Justiz nicht einsetzen.

Wir stehen für den Erhalt der bestehenden Gerichtsstruktur in der Fläche, insbesondere für die Absicherung der kleinen Amts- gerichte. Deshalb setzen wir uns für die Erhöhung des für die Abgrenzung der sachlichen Zuständigkeit zwischen Amts- und Landgerichten maßgeblichen Streitwerts in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten auf 7.500 Euro ein.

Die Digitalisierung der Justiz werden wir beschleunigen. Den Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte werden wir mit hinreichenden Haushaltsmitteln und personellen Ressourcen beim ZIB sicherstellen. Den Einsatz von Künst- licher Intelligenz und Legal Tec werden wir den Gerichten und Staatsanwaltschaften stärker zugänglich machen, insbesondere zur Aufbereitung in Groß- und Massenverfahren. Diese Instrumente dürfen die richterliche Entscheidung aber nicht ersetzen, sondern sollen die Arbeit vereinfachen und unterstützen. Ferner werden wir den Einsatz von Videovernehmungen und hybriden Sitzungs- formaten weiter ausbauen.

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Niedersachsen ist in besonderem Maß belastet, insbesondere durch die hohen Verfahrens- bestände im Bereich des Asylrechts. Dies führt zu einer langen Verfahrensdauer nicht nur in Asylverfahren. Um die Energiewende und den Umbau zu einem klimaneutralen Niedersachsen voranzubringen, müssen Planungs- und Genehmigungsverfahren – etwa im Bereich der Windenergie – beschleunigt werden. Die Möglichkeiten des Investitionsbeschleunigungsgesetzes für den Bereich der Justiz werden wir nutzen und in der Verwaltungsgerichtsbarkeit zusätzliche besondere Spruchkörper bilden, in denen die Rechtsgebiete des Planungs- und Genehmigungsrechts zusammengefasst werden. Wir werden eine auskömmliche personelle und sachliche Ausstattung in der Verwaltungsgerichtsbarkeit sicherstellen.

Die Fachkräftegewinnung für die Justiz wird bezogen auf alle Dienste herausfordernder. Dem werden wir durch attraktive Arbeits- bedingungen in der Justiz und bessere Aufstiegsmöglichkeiten begegnen. Dazu zählen der Ausbau von Homeoffice, die weitere Ausstattung der Beschäftigten mit Notebooks und die Stärkung der Fort- und Weiterbildung. Die Frauenförderung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Justiz werden wir stärken. Für Richterinnen und Richter werden wir die Einführung einer Fortbildungs- berechtigung und -verpflichtung durch ein Landesgesetz prüfen.

Nach unserem Selbstverständnis müssen staatliche Verwaltung und Justiz sich an den Bedürfnissen und Problemen der Bürgerinnen und Bürger orientieren und auf deren Interessen eingehen. Wir verfolgen daher das Ziel, die niedersächsische Justiz bürgerfreundlicher zu gestalten und teilweise noch bestehende Schwellenängste abzubauen. Neben der Barrierefreiheit bei der Kommunikation und von Gebäuden setzen wir auf eine starke Präsenz der Justiz in der Fläche. Den Bürgerservice werden wir durch zentrale Justizservicestellen an den Gerichten und gute Internetauftritte der Justiz verbessern. Die Rechtsantragsstellen werden wir durch den Einsatz von Legal Tech digitalisieren und so ein zusätzliches Angebot schaffen. Bei Staatsanwaltschaften und Gerichten werden wir nach dem Vorbild der Polizei Niedersachsen LSBTIQ-Ansprechpersonen benennen.

Wir werden uns dafür einsetzen, den Anwendungsbereich der Musterfeststellungsklage zu erweitern und das Verfahren zu vereinfachen. Im Bereich des Verwaltungsrechts werden wir den Anwendungsbereich des Widerspruchsverfahrens ausweiten. Einschränkungen beim Zugang zum Recht, etwa durch Einschränkungen bei der Beratungs- und Prozesskostenhilfe, werden wir uns entgegenstellen.

Die alternative Streitschlichtung, insbesondere die gerichtliche und anwaltliche Mediation, werden wir stärken. Diese Verfahren führen zu einer nachhaltigen Befriedung von Konflikten und entlasten die Justiz. Hier werden wir zusätzliche Anreize schaffen.

Unser Rechtsstaat steht durch gesellschaftliche Veränderungen, durch die fortschreitende Digitalisierung und neue Kriminalitäts- formen und -phänomene vor großen Herausforderungen. Wir stehen für einen starken und wehrhaften Rechtsstaat, der diesen Anforderungen gewachsen ist. Handlungsbedarfe sehen wir hier insbesondere im Strafrecht, und zwar in folgenden Kriminalitäts- feldern:

  • Sexualisierte Gewalt / Kinderpornografie
  • Hass und Hetze
  • Terrorismus, politischer und religiöser Extremismus
  • Clankriminalität
  • Internet- und Cyberkriminalität
  • Wirtschafts- und Steuerstrafsachen

In diesen Bereichen werden wir die von uns geschaffenen Zentralstellen und Schwerpunktstaatsanwaltschaften weiter ausbauen bzw. weitere Strukturen aufbauen. So stellen wir sicher, dass die Bearbeitung dieser Kriminalitätsfelder durch hoch spezialisierte Beschäftigte erfolgt. Eine Vernetzung mit anderen staatlichen Stellen ist auch institutionell sicherzustellen. Um die Auswertung von Daten zu beschleunigen und zu verbessern, sind eine gute IT-Ausstattung und der unterstützende Einsatz von KI vorzusehen.

Wir werden die Rechtsdurchsetzung in Messengerdiensten, in sozialen Netzwerken und in digitalen Medien stärken. Straftaten müssen im digitalen Raum genauso wie im analogen Bereich geahndet werden.

Gute Präventionsarbeit – Opferperspektive stärken

Wir haben die Präventionsarbeit gestärkt, etwa durch den beim Justizministerium angesiedelten Landesbeauftragten für Opferschutz und die Schaffung neuer Präventionsprogramme beim Landespräventionsrat in den Bereichen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen, Antisemitismus, Rechtradikalismus sowie Hass und Hetze gegen Amts- und Mandatsträger. Diese Programme werden wir ausweiten und um weitere Schwerpunkte ergänzen. Das Landesprogramm für Demokratie und Menschenrechte werden wir stärken.

Das Ermittlungs- bzw. Strafverfahren ist von einem starken Täterbezug geprägt. Wir werden uns dafür einsetzen, die Opfer- perspektive und die Rechte von Opfern zu stärken. Dabei werden wir die vorhandenen Instrumente der psychosozialen Prozess- begleitung, des Täter-Opfer-Ausgleichs und der Opferhilfe stärken. Vorhandene Angebote sollen stärker vernetzt und leichter zu- gänglich gemacht werden. Organisatorisch und strukturell, etwa durch besondere Ansprechpartner, werden wir sicherstellen, dass Opfer in gerichtlichen Verfahren nicht unnötig belastet werden. Dazu zählt auch der verstärkte Einsatz von Videovernehmungen.

Betreuung

In unserer älter werdenden Gesellschaft steigt die Zahl von Betreuungen. Die Betreuungsvereine leisten eine wichtige Arbeit bei der Unterstützung von ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuern sowie bei der Beratung von Bürgerinnen und Bürgern, etwa im Hinblick auf Vorsorgevollmachten. Diese Arbeit werden wir absichern. Die Unterstützung ehrenamtlicher Betreuerinnen und Betreuer werden wir ausbauen. Bei Berufsbetreuerinnen und -betreuern setzen wir auf einheitliche Qualitätsstandards sowie eine gute Aus- und Fortbildung.

Resozialisierung erleichtern – für einen modernen, sicheren und leistungsfähigen Justizvollzug

Der Justizvollzug hat mit zunehmenden Gefangenenzahlen umzugehen. Das Einschmuggeln von Drogen in die Haftanstalten, psychische Auffälligkeiten bei und die Radikalisierung von Gefangenen nehmen zu.

Den Personalbedarf im Justizvollzug werden wir konsequent angehen. Dazu werden wir in Abstimmung mit den Gewerkschaften und Verbänden ein belastbares Personalbemessungssystem – vergleichbar mit dem in der Justiz eingesetzten Personalbedarfs- berechnungssystem PEBB§Y – entwickeln und umsetzen. Die durch die Anpassung der Stellenobergrenzenverordnung geschaf- fenen Spielräume wollen wir für den Justizvollzug nutzen. Die Arbeit im Justizvollzug werden wir daneben durch attraktive Arbeits- bedingungen und die Stärkung von Fort- und Weiterbildung sowie den Ausbau von Vor- und Nachsorgemaßnahmen bei besonderen Vorkommnissen erleichtern. Den besonderen Belastungen der Beschäftigten im Wechselschichtdienst werden wir stärker Rechnung tragen und zu einer Gleichbehandlung mit anderen Beschäftigtengruppen kommen.

Die Situation im Justizvollzug werden wir durch die Sanierung und den Neubau von Haftplätzen verbessern. Zur Vermeidung von Suiziden und zur Verbesserung der Sicherheit in den Anstalten setzen wir daneben auf den Einsatz von KI, um gefährliche Situatio- nen schneller zu erkennen und die Beschäftigten in ihrer Arbeit zu unterstützen.

Die Digitalisierung der Justizvollzugsanstalten werden wir insbesondere auch im Hinblick auf die Aktenverwaltung vorantreiben. Dadurch werden der Austausch von Informationen und Daten mit den Gerichten und Staatsanwaltschaften sowie die Vernetzung der Sozialarbeit im Strafvollzug mit der Arbeit des Ambulanten Justizsozialdienstes (AJSD) und der Bewährungshilfe verbessert.

Die medizinische und psychiatrische Versorgung der Gefangenen ist angesichts des Ärztemangels im Vollzug eine zunehmende Herausforderung. Die Möglichkeiten der Telemedizin werden wir zur Entlastung nutzen. Ferner setzen wir auf den Ausbau von Ko- operationen mit externen Partnern wie Kliniken und Großpraxen. Über Stipendien und die Kooperation mit Hochschulen werden wir ärztliches und psychiatrisches Personal für den Justizvollzug gewinnen.

Neben dem Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Straftaten ist die Resozialisierung der Gefangenen das Hauptziel des Vollzugs. Die vorhandenen Angebote werden wir ausbauen. Neben der Drogen- und Gewaltprävention werden wir zusätzliche Angebote zur Extremismus- und Radikalisierungsprävention aufbauen.

Straffälligenhilfe und Bewährung

Die Anlaufstellen für Straffälligenhilfe leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Wiedereingliederung von Straftätern in die Gesell- schaft. Die Finanzierung der Anlaufstellen werden wir dauerhaft und auskömmlich absichern. Mit der „Geldverwaltung“ leisten die Anlaufstellen einen großen Beitrag zur Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen. Dies entlastet den Strafvollzug und hilft den Betroffe- nen, soziale Notlagen zu bewältigen. Daneben setzen wir uns dafür ein, dass künftig eine Strafaussetzung von Ersatzfreiheitsstrafen zur Bewährung möglich ist.

Die beim AJSD angesiedelte Bewährungshilfe werden wir stärken. Dokumentationspflichten werden wir zugunsten von sozialer Arbeit und Unterstützung zurückführen. Die Professionalisierung und Qualitätsentwicklung werden wir durch eine Überarbeitung der Standards weiterentwickeln und den risikobasierten Ansatz hin zu einem ganzheitlichen Ansatz weiterentwickeln, der neue Erkennt- nisse aus der Wissenschaft und Erfahrungen aus anderen Ländern in den Blick nimmt.

Häuser des Jugendrechts und Schulverweigerung

In den von uns eingeführten Häusern des Jugendrechts arbeiten mehrere staatliche und städtische Stellen koordiniert mit dem Ziel zusammen, Jugendkriminalität zu bekämpfen. Diese Struktur werden wir stärken und ausbauen. Schulverweigerung werden wir durch eine verbesserte und frühzeitige Kooperation von Gerichten und Jugendhilfe im ganzen Land angehen und so sicherstellen, dass zeitnah eingegriffen wird.

6.3 EXTREMISMUS BEKÄMPFEN

Wir stärken Demokratie und Rechtsstaat, die sich gegen jede Form von Extremismus und Terrorismus – ganz gleich ob von rechts, links oder religiös motiviert – effektiv und entschlossen zur Wehr setzen.

Rechtsextremismus- und -terrorismus sind dabei die derzeit größten Bedrohungen für unsere Demokratie.

In den vergangenen Jahren haben wir eine erschreckende Häufung rechtsterroristischer Angriffe auf unseren demokratischen Frieden erlebt. Nach der politisch motivierten Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, nach dem terroristischen Anschlag von Halle und der Zerschlagung einer rechtsextremistischen Terrorzelle in sechs Bundesländern erschütterten am 19. Februar 2020 die Mordtaten von Hanau unser Land. Wir verurteilen diese schwerwiegenden Angriffe auf unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung scharf und werden entschieden gegen Rechtsextremismus vorgehen.

Auch im Jahr 2022 müssen Synagogen, jüdische Kindergärten, Schulen, Seniorenheime, Gemeindehäuser und Friedhöfe von der Polizei beschützt werden. Jüdinnen und Juden trauen sich aus Angst vor Übergriffen nicht, religiöse Symbole offen zu tragen. Das ist eine Schande für unser Land. Das dürfen und werden wir nicht hinnehmen. Wir verurteilen jede Form von Antisemitismus. Der Schutz jüdischer Einrichtungen hat für uns auch weiterhin hohe Priorität. Wir werden die materielle Sicherheit jüdischer Einrichtungen weiter unterstützen. Die Polizei wird auch weiterhin als professioneller Partner den jüdischen Gemeinden für Sicherheitsberatungen zur Verfügung stehen.

Wir stehen für das Versprechen einer offenen und solidarischen Gesellschaft. Einheit in Vielfalt ist unser Ziel. Hierdurch wollen wir allen Menschen gleichermaßen Anerkennung, Respekt und die Sicherheit garantieren, ein selbstverständlicher Bestandteil unserer Gesellschaft zu sein. Nur so können wir gemeinsam mit Zuversicht in eine lebenswerte, menschenfreundliche Zukunft blicken.

Wir werden die derzeit laufenden Landesprogramme in diesem Bereich verstetigen und fortführen. Darüber hinaus werden wir insbesondere im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit die Prävention und Beratung stärken, damit extremistisches und antisemitisches Gedankengut nicht bereits im Kindesalter Fuß fasst. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass bereits in den Grundschulen Prävention gegen Extremismus und Antisemitismus betrieben wird.

Ein zentrales Anliegen ist die Einführung eines Landesdemokratiefördergesetzes als Anker gegen Demokratiefeindlichkeit, die wir voranbringen werden. Des Weiteren werden wir die offene Jugendarbeit, mobile Beratungsstellen und Streetworker vermehrt unterstützen und Angebote ausbauen sowie die Akteure personell und finanziell stärken.

Extremismus versteckt sich oft hinter vermeintlich unscheinbaren Symbolen und Aussagen und versucht, unauffällig zu wirken. Aus diesem Grund werden wir dafür sorgen, dass Medienkompetenz in Bildungseinrichtungen zum Pflichtprogramm gehört und werden diesen Bereich aufbauen, ausbauen und stärken.

Auch im digitalen Bereich sehen wir eine Herausforderung in den Themenfeldern Extremismus und Antisemitismus. Wir werden uns dafür einsetzen, dass im digitalen Raum die Entdeckungswahrscheinlichkeit von Extremismus erhöht wird. Zudem werden wir

gegen das virtuelle, bewusste Verbreiten von Falschinformationen (Fake News) vorgehen und ihre Reichweite begrenzen. In diesem Zusammenhang werden wir virtuelle Scouts einstellen, die bei der Begegnung mit Falschinformationen im Netz helfen werden.

Zudem werden Streetworker in Zukunft auch auf virtuellen Plattformen aktiv sein; sie werden dort leicht auffindbar und barrierefrei implementiert. Darüber hinaus werden wir die Internetprovider im Zusammenhang mit Hass und Hetze in die Verantwortung nehmen.

Als weiteren wichtigen Baustein im Bereich Extremismusprävention werden wir das Pilotprojekt „Gaming-Zentrum“ unterstützen und dort virtuelles Sicherheitstraining anbieten.

Rassismus und Antisemitismus begegnen uns leider immer wieder im Alltag. Um die Aufmerksamkeit der Bürgerinnen und Bürger für diese Probleme zu schärfen, werden wir uns für eine Sensibilisierung im Bereich Alltagsrassismus und Alltagsantisemitismus ein- setzen. Nicht nur bei den Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch bei der Polizei werden wir die Wahrnehmbarkeit solcher Probleme stärken und damit auch die Entdeckungswahrscheinlichkeit von Hass und Hetze erhöhen. Die Grundlage für unser gesellschaftliches Zusammenleben gibt unsere Verfassung. Daher muss das Wort „Rasse“ aus der niedersächsischen Verfassung verbannt werden.

Wir stehen außerdem entschlossen an der Seite der queeren Menschen und setzen uns für eine konsequente Bekämpfung von Hasskriminalität in Niedersachsen ein. Dafür ist zunächst eine umfassende statistische Erfassung von Hasskriminalität notwendig, eine Stärkung der Strafzumessung im Strafgesetzbuch (StGB) sowie eine umfassende Sensibilisierung der Beamtinnen und Beamten:

  • Stärkung § 46 StGB Grundsätze der Strafzumessung: um „politisch motivierte / ideologische Hasskriminalität“
  • Umfassende statistische Erfassung von Hasskriminalität in Niedersachsen
  • Aufklärung und Sensibilisierung von Polizistinnen und Polizisten für LSBTIQ*-Hassverbrechen: Nur Beamtinnen und Beamte, die Hasskriminalität erkennen, ohne dass Opfer sich aktiv outen müssen, können diese entsprechend in den Akten aufnehmen.
6.4 ZUSAMMENHALT STÄRKEN

Die Corona-Pandemie ist ein Jahrhundertereignis, das nicht nur Politik und Wirtschaft, sondern auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt herausfordert. In Niedersachsen können wir uns auf unsere Bürgerinnen und Bürger verlassen, die tagtäglich freiwillig und unentgeltlich Gutes tun und sich für das Gemeinwohl einsetzen, sei es in Vereinen und Verbänden oder durch selbst organisierte Initiativen oder spontane Nachbarschaftshilfe. Das Ehrenamt ist für uns die zentrale Säule des gesellschaftlichen Zusammenlebens in Niedersachsen und tragender Teil unserer demokratischen Gesellschaft. Fast jeder zweite Mensch über

14 Jahre engagiert sich in Niedersachsen in der Freizeit freiwillig in Verbänden oder Vereinen.

Der Schutz und die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements ist für uns ein Herzensanliegen und konstitutiv für unser Land. Die im Frühling 2022 veröffentlichten Empfehlungen der Enquetekommission Ehrenamt werden wir in der neuen Wahlperiode umsetzen. Nach Corona braucht es einen Schub für mehr ehrenamtliches Engagement. Wir werden eine neue Service- und Koordinierungsstelle in der Staatskanzlei einrichten und eine Ehrenamtsstrategie für unser Land entwickeln.

Die wichtigen Freiwilligenagenturen bauen wir weiter aus, updaten den FreiwilligenServer zu einem echten „MitmachPortal“ und würdigen die Inhaber der Ehrenamtskarten mit Zugang zu besseren Leistungen. Zusammen mit Verbänden und Kommunen werden wir einen „Pakt des Ehrenamtes“ auf den Weg bringen, Bürokratiehürden weiter abbauen und das

Engagement für unsere Gesellschaft stärker honorieren. Vergünstigungen und Freifahrten im ÖPNV für Inhaber der Ehrenamtskarte werden wir prüfen.

Wir wollen die Repräsentativität von Frauen in der Kommunalpolitik erhöhen und ein Mandatssharing und die Ermöglichung von Elternzeit gesetzlich absichern. Förderprogramme wie „Frau.Macht.Demokratie“ setzen wir weiter fort. Mit einer gezielten und mehr- sprachigen Kampagne werden wir mehr Menschen mit Migrationsgeschichte für ein Ehrenamt motivieren. Wir sind davon überzeugt, dass Minderheiten unsere Gesellschaft bereichern und stärken. In diesem Zusammenhang werden wir die Arbeit von Minderheiten- organisationen und die enge und vertrauensvolle Arbeit von Vertriebenenverbänden und der Landsmannschaft der Russland- deutschen weiter ausbauen.

Die Zukunft unserer Demokratie liegt in den Händen junger Menschen. Zivilgesellschaftliches Engagement werden wir stärker fördern. Nach Corona braucht es eine Jugendleiter-Card(Juleica)-Offensive in den Vereinen, Jugendverbänden und Jugendfeuer- wehren. Wir werden ein Landesprogramm für 10.000 kostenlose Juleica-Fortbildungen auf den Weg bringen und aktiven Juleica- Inhabern den automatischen Zugang zur Ehrenamtskarte sicherstellen.

6.5 VERLÄSSLICHE MEDIZINISCHE VERSORGUNG IN GANZ NIEDERSACHSEN

Gesundheit ist keine Ware, sondern ein Kernelement staatlicher Daseinsvorsorge. Deshalb muss die fortschreitende Ökonomisie- rung gestoppt und so weit wie möglich eine Rekommunalisierung mit Unterstützung von Land und Bund eingeleitet werden.

Maßstab dürfen nicht die wirtschaftlichen Interessen von Akteuren im Gesundheitssystem sein. Im Mittelpunkt all unseres Handelns müssen die Anliegen der Patientinnen und Patienten stehen.

Gerade in den ländlichen Räumen in Niedersachsen stellt sich die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung zunehmend als Heraus- forderung dar. Eine optimale medizinische Versorgung in der Fläche werden wir zukünftig durch eine Neuausrichtung der Kranken- hausplanung, neue Ansätze der sektorenübergreifenden Versorgung und Maßnahmen wie die Einführung der Landarztquote und den Ausbau der Studienplätze im Bereich Medizin gewährleisten.

Arztpraxen, Krankenhäuser und weitere an der Gesundheitsversorgung beteiligte Einrichtungen müssen künftig besser zusammen- arbeiten. Um eine hochwertige Versorgung insbesondere auf dem Land sicherzustellen, werden wir auch Regionale Gesundheits- oder Versorgungszentren einrichten.

Landesweite Krankenhausversorgung

Krankenhäuser haben einen hohen Stellenwert bei der Gesundheitsversorgung unserer Bevölkerung. Die Leistungsfähigkeit der niedersächsischen Krankenhäuser hat sich nicht zuletzt während der Corona-Pandemie insbesondere bei der Versorgung von Inten- sivpatientinnen und -patienten eindrucksvoll bestätigt. Die Herausforderungen in der Krise haben aber auch den Handlungsbedarf unterstrichen: Für die zukunftsfähige Sicherung einer qualitativ hochwertigen und flächendeckenden Versorgung ist insbesondere vor dem Hintergrund begrenzter personeller Kapazitäten ein Strukturwandel erforderlich.

Außerdem brauchen wir eine landesweite Investitionsoffensive zur konsequenten Modernisierung und Digitalisierung unserer Krankenhäuser.

Mit der Novelle des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes verfügt Niedersachsen nicht nur über das bundesweit modernste Krankenhausgesetz, sondern hat auch die Weichen für eine landesweit gleichwertige Versorgungsqualität, auskömmliche Personal- ausstattung und effizientere Nutzung von Ressourcen gestellt. Die damit angestoßene Reform der niedersächsischen Krankenhaus- landschaft werden wir in den kommenden Jahren konsequent umsetzen. Dazu gehört:

  • die Sicherstellung einer wohnortnahen Grundversorgung überall in Niedersachsen,
  • die stärkere Konzentration hochspezialisierter Leistungen, damit das notwendige Personal und die technische Ausstattung für eine qualitativ hochwertige Versorgung in dafür geeigneten Krankenhäusern vorgehalten werden können,
  • eine vorausschauende Krankenhausplanung, damit die niedersächsische Krankenhausstruktur sich zukünftig noch stärker an den tatsächlichen Versorgungsbedarfen in den jeweiligen Regionen orientiert,
  • eine langfristig angelegte deutliche Aufstockung der Krankenhausinvestitionsmittel als Teil des neuen Niedersachsenfonds,
  • die Einführung einer neuen Versorgungsstruktur, wodurch klare Zuständigkeiten für bestimmte Leistungsbereiche definiert werden können,
  • die Zusammenarbeit der Krankenhäuser untereinander, mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie mit weiteren Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens, um eine reibungslose Behandlung der Patientinnen und Patienten zu gewährleisten,
  • die Einführung Regionaler Gesundheitszentren insbesondere in ländlichen Gebieten, um eine wohnortnahe Rund-um-die-Uhr- Versorgung sicherzustellen und neue Ansätze zur sektorenübergreifenden Versorgung zu ermöglichen.

Mit Regionalen Gesundheitszentren werden wir die Versorgung dort sicherstellen und verbessern, wo die ambulante Versorgung gefährdet oder eine stationäre Versorgung nicht möglich oder wirtschaftlich gefährdet ist. Damit ersetzen sie mittelfristig nicht nur bestehende Angebote, sie verbessern gleichzeitig die medizinische Versorgung und können auch in kommunaler Trägerschaft sein.

Sondervermögen für Universitätskliniken

Die zwei Universitätskliniken in Göttingen (UMG) sowie Hannover (MHH) nehmen insbesondere für die Versorgung Schwerstkranker und beim Auftreten seltener Erkrankungen sowie in der medizinischen Forschung, Lehre und Ausbildung eine wesentliche Funktion wahr. Die European Medical School Oldenburg-Groningen (EMS) bietet mit dem Modellstudiengang Humanmedizin erstmals in Deutschland eine grenzüberschreitende Medizinerausbildung an.

Über die Schaffung eines Sondervermögens wurden notwendige Erneuerungen bei der Medizinischen Hochschule Hannover und der Universitätsmedizin Göttingen sichergestellt. Der Investitionsbedarf für den Bereich der Krankenversorgung an beiden Hoch- schulkliniken wird derzeit auf mehr als 2,1 Milliarden Euro geschätzt. Im ersten Schritt ist dieses Sondervermögen mit mehr als einer Milliarde Euro ausgestattet worden. Davon ist der größte Teil für die Universitätsklinik in Göttingen bereits eingeplant.

Zusätzlich sollte mit 150 Millionen Euro der Sanierungsstau an anderen Hochschulen abgebaut werden. Zur Gesamtfinanzierung ist es jedoch erforderlich, das Sondervermögen in den nächsten Jahren mit weiteren Mitteln des Landeshaushalts auszustatten. Auch in diesem Fall werden wir prüfen, inwieweit eine Fondslösung noch zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten Dritter für die wichtigen Investitionen an den Universitätskliniken in Niedersachsen erschließen kann.

Ambulante Versorgung: gut erreichbar und qualitativ hochwertig

In vielen Fällen sind Arztpraxen die ersten Anlaufstellen der Bürgerinnen und Bürger bei gesundheitlichen Beschwerden. Der niedersächsischen Bevölkerung steht derzeit eine insgesamt gut erreichbare und qualitativ hochwertige ambulante Versorgung zur Verfügung. Trotz der insgesamt guten Versorgungssituation im Flächenland Niedersachsen bestehen die primären Herausforderungen in der Sicherstellung des zukünftigen Bedarfs an Ärztinnen und Ärzten und ihrer flächendeckenden Verteilung, insbesondere von Hausärztinnen und Hausärzten in ländlichen Gebieten. Die Kommunen in den ländlichen Räumen stehen

dabei angesichts des demografischen Wandels vor der Herausforderung, Angebote der sozialen Daseinsvorsorge gut erreichbar und möglichst gebündelt zu organisieren. Gemeinsam mit den Kommunen haben wir in Modellversuchen kommunal getragene Regionale Versorgungszentren als zentrale Anlaufstellen für die hausärztliche Versorgung in Kombination mit weiteren Angeboten der Daseinsvorsorge erprobt. Wir wollen das Angebot der Regionalen Versorgungszentren zur Sicherstellung in den ländlichen Räumen entsprechend dem individuellen Bedarf der Kommunen weiter ausbauen.

Mit dem Ausbau der Medizinstudienplätze an der European Medical School Oldenburg-Groningen, der Medizinischen Hochschule Hannover sowie der Universitätsmedizin Göttingen und der Einführung einer Landarztquote haben wir bereits wichtige Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die medizinische Versorgung auch in Zukunft in der Fläche sicherzustellen. Für eine flächendeckende Sicherstellung und eine weitere Optimierung der Versorgungsqualität ist es unerlässlich, neben der Stärkung der Nachwuchs- gewinnung vorhandene Ressourcen effizienter zu nutzen und insbesondere Hausärztinnen und Hausärzte zu entlasten.

Wir werden uns für eine bessere Verteilung von Ärztinnen und Ärzten einsetzen, sodass es insbesondere in ländlichen Gebieten nicht zu einer Unterversorgung kommt. Dafür muss die sogenannte Bedarfsplanung durch den Bundesgesetzgeber überarbeitet werden.

Psychotherapeutische Versorgung und Psychiatrien stärken

Auch im Bereich der Psychotherapie ist insbesondere in ländlichen Gebieten eine zunehmende Unterversorgung und unzureichende flächendeckende Verteilung bei gleichzeitigem Anstieg des Bedarfs an Therapieplätzen zu beobachten. In der Folge sind die Warte- zeiten auf einen Therapieplatz für psychisch erkrankte Menschen vielfach noch zu lang und müssen weiter verkürzt werden. Wir werden die Unterversorgung in der Psychotherapie abbauen und uns auf Bundes- und Landesebene für einen niedrigschwelligen und gut erreichbaren Zugang zur psychotherapeutischen Versorgung für die Bevölkerung einsetzen.

Ferner werden wir das Niedersächsische Psychiatriegesetz erneuern, um in Niedersachsen eine bessere Planung, Koordination und Steuerung der psychiatrischen Versorgung zu ermöglichen. Die Kinder- und Jugendpsychiatrien werden wir stärken, um die vorhan- denen Versorgungslücken zu schließen.

Sektorenübergreifende Versorgung

Die Gestaltung einer sektorenübergreifenden Gesundheitsversorgung, die Patientinnen und Patienten Versorgungskontinuität und fließende Übergänge zwischen den verschiedenen Sektoren bietet, gilt als eine der zentralen Herausforderungen im deutschen Gesundheitswesen. Durch die Überwindung der historisch bedingten starren Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versor- gung sowie eine bessere Zusammenarbeit und Vernetzung unterschiedlicher Fachdisziplinen können Ressourcen freigesetzt und die Behandlungsqualität für Patientinnen und Patienten gesteigert werden.

Das Land Niedersachsen hat die Bedeutung sektorenübergreifender Versorgungsansätze für die zukünftige Sicherstellung einer wohnortnahen und leistungsfähigen Gesundheitsversorgung erkannt und als Flächenland ein besonderes Augenmerk auf die Her- ausforderungen in ländlichen Regionen gelegt. Vor dem Hintergrund des insbesondere dort bestehenden Fachkräftemangels bzw. regionaler Fehlverteilungen hat das Land eine stärker sektorenübergreifende Verzahnung medizinisch ambulanter, stationärer, rehabilitativer sowie pflegerischer Versorgung als wesentlich erachtet und Projekte wie die „Gesundheitsregionen Niedersachsen“ erfolgreich initiiert und etabliert. Mit der Novelle des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes ist darüber hinaus ein weiterer wich- tiger Schritt erfolgt. Im Rahmen eigener Gestaltungsmöglichkeiten wird das Land sektorenübergreifende Versorgungsmodelle und regionale Versorgungsverbünde weiter ausbauen und fördern.

Zur Überwindung der starren Trennung zwischen dem ambulanten und dem stationären Sektor bedarf es umfassender gesetzgebe- rischer Maßnahmen auf Bundesebene. Das Land Niedersachsen wird sich auf Bundesebene für die Schaffung geeigneter Rahmen- bedingungen für eine umfassende sektorenübergreifende und integrierte Versorgung einsetzen und sich aktiv in die Reformbemü- hungen der Ampelkoalition für eine sektorenübergreifende Versorgung einbringen.

Notfallversorgung

Die Notfallversorgung ist die erste Anlaufstelle für Patientinnen und Patienten mit akutem Versorgungsbedarf. In den vergangenen Jahren hat die Inanspruchnahme von Rettungstransporten und Notaufnahmen auch in Niedersachsen stetig zugenommen. Um zukünftig auf Landesebene zu Fortschritten in der Zusammenarbeit von Rettungsdienst und Krankenhäusern zu kommen, hat das Land Niedersachsen insbesondere die Einführung des digitalen Notfallmanagementsystems IVENA (Interdisziplinärer Versorgungs- nachweis) vorangetrieben. Dieses mittlerweile nahezu flächendeckend verwendete internetgestützte System zeigt die Behandlungs- und Bettenkapazitäten der regionalen Krankenhäuser an.

Ferner werden in Niedersachsen aktuell im Rahmen von Modellprojekten verschiedene Ansätze erprobt, die eine ungesteuerte Nutzung von Krankenhausambulanzen während der Öffnungszeiten der niedergelassenen Arztpraxen reduzieren und einen ressourcenschonenden Umgang mit den zur Verfügung stehenden Rettungsmitteln sowie eine zielgerichtete Disposition fördern sollen (z. B. Gemeindenotfallsanitäter oder telemedizinische Angebote).

Wir werden daran arbeiten, wie das bisweilen komplexe System der Notfallversorgung für Hilfesuchende einfacher und verständlicher wird. Zur Verbesserung der Patientensteuerung werden wir auch in Niedersachsen gemeinsame, integrierte Notfall- leitstellen einrichten, die über die Rufnummern 112 und 116 117 rund um die Uhr erreichbar sind.

Öffentlicher Gesundheitsdienst

Die Bedeutung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) wird in der Corona-Pandemie besonders nachdrücklich unterstrichen. Mit hohem persönlichem Engagement tragen die Beschäftigten in den Gesundheitsämtern dazu bei, dass es nicht zu einer Über- lastung des Gesundheitssystems kommt. Gleichwohl wurde aber deutlich, wie dringend die nachhaltige Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes geboten ist. Der Pakt zwischen Bund und Ländern für den Öffentlichen Gesundheitsdienst hat hier bereits wichtige Weichen gestellt.

Wir werden den Öffentlichen Gesundheitsdienst in Niedersachsen strukturell stärken und weiterentwickeln. Die Empfehlungen des

„Beirats zur Beratung zukunftsfähiger Strukturen im Öffentlichen Gesundheitsdienst in Umsetzung des Paktes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“ und das von der Gesundheitsministerkonferenz entwickelte Leitbild ebnen dafür den Weg.

Wir werden die Personalaufstockung in allen Bereichen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes gemäß den Regelungen des „Paktes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“ in Niedersachsen weiterhin umsetzen und über das Jahr 2026 hinaus mit Bundes- und Landesmitteln verstetigen. Die digitale und technische Modernisierung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes werden wir auf Landes- und Bundesebene vorantreiben und für eine stärkere Berücksichtigung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes bei der Planung und Gestaltung regionaler sowie kommunaler Versorgungskonzepte sorgen.

Öffnung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für Beamte

In Niedersachsen werden wir perspektivisch die GKV für Beamtinnen und Beamte öffnen. Wir werden dazu die Umsetzung des so- genannten Hamburger Modells – einer pauschalierten Beihilfe – prüfen, das bereits in anderen Bundesländern durchgeführt wird.

Flächendeckende Geburtshilfe

Alle an der Geburtshilfe beteiligten Berufsgruppen in Niedersachsen leisten einen wertvollen Beitrag zur gesundheitlichen Ver- sorgung und Begleitung von werdenden Müttern und Vätern, Kindern und Familien. Ein Ziel ist dabei die möglichst wohnortnahe, sichere und qualitativ hochwertige geburtshilfliche Versorgung. Das Nationale Gesundheitsziel „Gesundheit rund um die Geburt“ wollen wir umsetzen und einen landeseigenen Aktionsplan auflegen. Geburtshäuser und Hebammen wollen wir stärker miteinander vernetzen. Weiterhin sind Verbesserungen der personellen Situation, der Arbeitsbedingungen sowie Anpassungen der finanziellen Rahmenbedingungen erforderlich, um landesweit eine bestmögliche Versorgung zu gewährleisten. Wesentlich ist zudem die Förderung von Maßnahmen, die die interprofessionelle Zusammenarbeit aller beteiligten Fachkräftegruppen im Sinne der Versorgungsqualität optimieren.

Aidshilfe absichern

In Niedersachsen leben derzeit rund 3.800 Menschen mit HIV/Aids, vergangenes Jahr kamen 130 Neuinfektionen hinzu.

Zur Prävention bleibt die Aufklärung insbesondere junger Menschen über Aids entscheidend. Die Arbeit der Aidshilfe Niedersachsen ist unerlässlich – wir werden sie auch weiterhin unterstützen und finanziell absichern.

Suchtberatung stärken

Sucht ist in unserer Gesellschaft ein allgegenwärtiges Thema. Abhängigkeitserkrankungen, riskantes oder missbräuchliches Konsumverhalten sind in vielen Bereichen anzutreffen. Wir werden die Suchtberatungsstellen stärken und auch die Online-Beratung für suchtkranke Menschen weiter ausbauen. Mit diesen zusätzlichen digitalen Angeboten sollten Behandlungsabbrüche minimiert und stationäre Aufnahmen, wenn möglich, reduziert werden.

Digitalisierung im Gesundheitswesen

Die Digitalisierung im Gesundheitswesen bietet große Chancen, die Gesundheitsversorgung zu verbessern und die Versorgungs- qualität für viele Patientinnen und Patienten zu erhöhen – vor allem, wenn dadurch Fachkräfte von Pflegerinnen und Pflegern bis zu Fachärztinnen und Fachärzten entlastet werden und ihnen mehr Zeit für ihre Patientinnen und Patienten bleibt.

Gleichzeitig trägt sie dazu bei, den Informationsaustausch zwischen den Versorgungssektoren und Professionen deutlich zu verbessern und Effizienzgewinne zu realisieren. Insbesondere im Vergleich mit den baltischen und skandinavischen Ländern lässt sich jedoch feststellen, dass die Potenziale der Digitalisierung in Deutschland noch deutlich stärker genutzt werden können. Das Land Niedersachsen setzt bereits landesspezifische Schwerpunkte. Hierzu zählen u. a. Modellprojekte im Rahmen des „Masterplans Digitalisierung“ und gezielte regionale Initiativen mit lokaler Verankerung.

Wir werden Digitalisierungsprojekte fördern – etwa bei ambulanten Pflegediensten für die Einführung elektronischer Pflegedoku- mentationen, elektronische Tourenplanung und, wo möglich, Telearbeit und Telepflege. An dieser Stelle ist insbesondere das Projekt IVENA zur Verbesserung der Versorgung von Notfallpatientinnen und Notfallpatienten hervorzuheben.

Digitale Lösungen für das Patientendatenmanagement, innovative Technologien für die Gesundheitsversorgung und deren Etablierung in der Regelversorgung werden wir unterstützen. Dazu zählen die flächendeckende Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) sowie das eRezept und der Ausbau von Telemedizin.

Doch weil es sich bei gesundheitsbezogenen Daten um sensible und schützenswerte Informationen handelt, nimmt der Datenschutz im Prozess der Digitalisierung des Gesundheitswesens einen besonderen Stellenwert ein. Wir werden jedoch auch den Austausch von Gesundheitsdaten unter strengen Schutzbestimmungen fördern, um Forschung und Innovation im Gesundheitsbereich zum Wohle der Allgemeinheit voranzubringen.

Um auch in ländlich geprägten Regionen Niedersachsens Zugang zu Spitzenversorgung zu erreichen, setzen wir uns für einen Ausbau der telemedizinischen Versorgung ein, um Praxen, Regionale Gesundheits- und Versorgungszentren und kleinere Krankenhäuser mit den in ihrem Fachgebiet führenden Einrichtungen zu verbinden. Die Umsetzung von digital gestützten Versorgungsformen werden wir voran- treiben. Dazu zählen v. a. der Ausbau von Telemedizinnetzwerken sowie telemedizinischer Versorgungsangebote in allen Sektoren.

Hospiz- und Palliativversorgung

In der Hospizarbeit und Palliativversorgung werden schwerstkranke und sterbende Menschen und ihre Angehörigen in der letzten Lebensphase begleitet und behandelt. Hierfür stehen in Niedersachsen mittlerweile flächendeckende Versorgungsstrukturen und Versorgungsangebote im ambulanten und stationären Bereich zur Verfügung. Insbesondere in der ambulanten Hospiz- und Trauer- arbeit engagieren sich landesweit zudem etwa 4.000 ehrenamtliche Personen. Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Schutzbestimmungen haben die hospizlich-palliative Arbeit auch in Niedersachsen vor erhebliche Herausforderungen gestellt und Beschäftigten, Erkrankten sowie Angehörigen in einer ohnehin schon schwierigen Situation vieles abverlangt. Wir werden daher die Begleitung und Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen weiter verbessern und die Selbstbestimmung der Menschen stärken. Die hospizlich-palliativen Strukturen in Niedersachsen werden wir weiterhin finanziell unterstützen, patientenorientiert weiterentwickeln und die Trauerarbeit fördern.

Gute Pflege braucht Wertschätzung

Die niedersächsische Landesregierung hat unter Beteiligung der Wohlfahrtsverbände, Krankenkassenverbände, kommunalen Spitzenverbände sowie von Verbänden der privaten Pflegeanbieter 2019 die Konzertierte Aktion Pflege Niedersachsen (KAP.Ni) gestartet, um Verbesserungen für beruflich Pflegende herbeizuführen. Die gewonnenen Erkenntnisse werden wir konstruktiv nutzen und die Situation insbesondere in der ambulanten Pflege und in Pflegeeinrichtungen verbessern. Im Rahmen einer Kooperations- vereinbarung wurden Maßnahmen für mehr Unterstützung, Entlastung und finanzielle Ressourcen festgehalten. Diese Bemühungen verdeutlichen den hohen Stellenwert der Pflegeberufe. Im Kontext der Corona-Pandemie wird die Bedeutung des Pflegepersonals – sowohl in der ambulanten als auch in der stationären Pflege – noch einmal besonders deutlich.

Gute Pflege braucht Wertschätzung und vor allem attraktive Arbeitsbedingungen. Wir fordern daher seit Jahren eine tarifliche Bezahlung in einem allgemeingültigen Tarifvertrag Soziales für alle Pflegekräfte. Im Vordergrund unserer Bemühungen steht weiterhin die tarifliche Bezahlung für die Fachkräfte in der Pflege.

Aus diesem Grund setzen wir uns für einen Tarifvertrag auf Bundesebene, der durch den Bundesarbeitsminister für allgemein verbindlich erklärt werden kann, ein. Das verlangt auch die Verpflichtung der Kostenträger, der Kranken- bzw. Pflegekassen und der Kommunen, Tarifverträge und Vereinbarungen in vollem Umfang zu refinanzieren. Wir setzen uns auf Bundesebene dafür ein, dass Pflegefachkräfte ab dem 40. Lebensjahr – ähnlich wie Feuerwehrleute – unbürokratisch alle drei bis vier Jahre eine stationäre Präventivkur machen können.

Das neue Niedersächsische Pflegegesetz bringt erhebliche Verbesserungen für eine gute Pflege auf den Weg. Wir möchten, dass alle älteren pflegebedürftigen Menschen die beste Versorgung erfahren – sei es in einer Pflegeeinrichtung, sei es im eigenen Zuhause oder in der Familie. Wir werden daher die Kurzzeitpflege und die ambulante Pflege ausbauen. Auch jüngere Pflege- bedürftige müssen bei dem Auf- und Ausbau sowohl von ambulanten als auch stationären Angeboten bedacht werden.

Die Pflegestützpunkte der Kommunen sollen in Zusammenarbeit mit den Seniorenräten gestärkt werden, um in einer älter werdenden Gesellschaft die wichtige Beratung zum umfassenden Thema Pflege zu verbessern.

6.6 DAS SOZIALE NETZ STÄRKEN

Die Folgen der Corona-Pandemie wirken sich auf nahezu alle Lebensbereiche aus und bringen die sozialen Strukturen innerhalb unseres Landes an ihre Grenzen. Maßnahmen von Bund und Land wie das Kurzarbeitergeld, der Kinderbonus oder die Wirtschafts- hilfen konnten zwar die allerschlimmsten Folgen für die Menschen, Einrichtungen und Dienste der sozialen Arbeit abfedern. Bereits vor der Pandemie bestehende gesellschaftliche Ungleichheiten wurden durch die Krise verschärft und die Schwachstellen unseres sozialen Systems aufgezeigt.

Wesentliche Herausforderungen für die Zukunft sind zudem der Fachkräftemangel sowie die Digitalisierung der Sozialwirtschaft.

Um dem Fachkräftemangel im Bereich der sozialen Berufe entgegenzuwirken, bedarf es der weiteren Aufwertung dieses Berufs- feldes. Zu wenige Erzieherinnen und Erzieher bedeuten eine Verknappung der Betreuungskapazitäten. Zu wenige Pflegekräfte bedeuten eine schlechte Versorgung im Gesundheitswesen und im Pflegesystem. Wir legen deshalb ein Programm „Zukunft Gesundheits-, Sozial- und Pflegeberufe“ auf. Unser Ziel ist es, die Ausbildungsquote in allen sozialen Berufen zu erhöhen und die Rahmenbedingungen im Job zu verbessern. Zum Programm zählt auch die vollständige Umsetzung der Schulgeldfreiheit in allen sozialen Berufsfeldern und die Schaffung von mehr Teilzeitarbeitsplätzen in Medizin, Pflege und Sozialarbeit, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen.

Wir fördern mit diesem Programm den Ausbau der Plätze für ein duales Studium „Soziale Arbeit“ an staatlichen Hochschulen sowie finanzielle Unterstützungsleistungen für Studierende, um auch ein Studium an privaten Hochschulen zu ermöglichen.

Teil des Programms wird auch eine Verbesserung der Rahmenbedingungen des Freiwilligen Sozialen Jahrs sein, um mehr Fach- kräfte für soziale Berufe gewinnen. Dazu sorgen wir für landeseinheitliche Qualitätsstandards für Träger von Freiwilligendiensten, setzen das Recht auf Freiwilligendienst um und schaffen weitere Anreize – wie beispielsweise kostenlose Jobtickets.

Eine weitere Herausforderung stellt die digitale Transformation der Sozialwirtschaft in Niedersachsen dar. Obwohl wir von einer umfassenden Digitalisierung der Sozialwirtschaft noch weit entfernt sind, hat die Corona-Pandemie bereits viele Dinge beschleunigt und ermöglicht. Zur Bewältigung der anstehenden Digitalisierungsprozesse innerhalb der Sozialwirtschaft werden wir einen dauerhaft angelegten Infrastrukturfonds einrichten, um die Modernisierung in diesem Bereich voranzutreiben und digitale Beratungs- leistungen weiter auszubauen. Für Letztere werden wir ein Refinanzierungsmodell entwickeln und auch das notwendige technische Equipment in den Beratungsstellen sowie das technische Know-how der Mitarbeitenden fördern. Zur Beschleunigung der Prozesse werden wir die KMU-Förderung für digitale und nachhaltige Transformation für die freie Wohlfahrtspflege öffnen.

Freie Wohlfahrtspflege und soziale Dienste

Die Sicherungssysteme waren auch in der Pandemie vor allem dort besonders widerstandsfähig, wo etablierte Strukturen schon vor der Krise bestanden. Durch langjährige und vernetzte Kooperation der handelnden Akteure, insbesondere der Wohlfahrtspflege, war ein hohes Maß an Lösungskompetenz bereits vorhanden. Beratungsstellen sind während der Krise häufig dort eingesprungen, wo die Erreichbarkeit von Behörden nur eingeschränkt möglich war.

Die Wohlfahrtsverbände sind für die postpandemischen Herausforderungen ein wichtiger Teil der notwendigen Hilfs- und Unterstützungsangebote. Diese Strukturen müssen stabilisiert und in ihrer Finanzierung verstetigt werden, damit sie ein dauer- hafter Baustein in einem subsidiären System bleiben können. Die Arbeitsfelder der freien Wohlfahrtspflege sind von besonderer Bedeutung, vor allem sind hier die soziale Schuldnerberatung, die Suchthilfe, die Familienhilfe, die Jugendhilfe, die Schwangeren- beratung sowie die Wohnungslosenhilfe zu nennen.

Sozialer Arbeitsmarkt und Niedriglohnsektor

Arbeit ist ein Menschenrecht und dient der Existenzsicherung. Sie trägt zur sozialen Sicherung und gesellschaftlichen Teilhabe bei. Ein sozialer Arbeitsmarkt ist ein wesentlicher Aspekt einer inklusiven Teilhabegesellschaft. In einer inklusiven Gesellschaft haben alle Menschen unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Bildungsweg, Alter, physischen, psychischen oder anderen Beeinträchtigungen einen Anspruch darauf, ihre Fähigkeiten im Arbeitsleben zu entfalten und durch Gute Arbeit soziale Sicherung und gesellschaft-

liche Teilhabe zu verwirklichen. Es gilt, die soziale Infrastruktur zu stärken und die Sicherungssysteme armuts- und krisenfest zu machen und, wo nötig, diese auszubauen. Besonders betroffen von Langzeitarbeitslosigkeit sind vor allem ältere Menschen,

gering Qualifizierte ohne Schul- oder Berufsabschlüsse, Menschen mit schwerer Behinderung, Menschen mit gesundheitlichen und psychischen Einschränkungen und Alleinerziehende mit Kindern sowie Menschen, die aufgrund von Sprachproblemen benachteiligt sind oder aufgrund ihrer Herkunft auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert werden. Perspektivisch ist ein sozialer und inklusiver Arbeits- markt anzustreben, der allen Menschen ermöglicht, ihre Existenz durch Erwerbstätigkeit auskömmlich zu sichern, um damit die gesellschaftliche Teilhabe durch Arbeit für alle zu ermöglichen.

Besonders von Niedriglöhnen betroffen sind Frauen, junge Berufstätige, Personen ohne Bildungs- oder Berufsabschluss und Migrantinnen und Migranten. Der Niedriglohnsektor muss effektiv begrenzt werden. Der Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ muss darüber hinaus in allen Bereichen Realität werden. Das gilt vor allem für die sogenannten SAGE-Berufe (Soziale Arbeit, Gesundheit, Erziehung) mit einem hohen Anteil weiblicher Beschäftigung.

Wir werden uns für die Begrenzung prekärer Arbeitsverhältnisse und die Schaffung verbesserter struktureller Rahmenbedingungen für Gute Arbeit stark machen. Als Hebel werden wir das Angebot zur flexiblen Kinderbetreuung und Weiterbildungen nutzen. In der Praxis sollten flexiblere Arbeitszeitmodelle zur Vereinbarung von Pflege und Beruf sowie Familie und Beruf geprüft werden, um insbesondere die Armutsgefährdung von Frauen und Alleinerziehenden zu reduzieren.

Die Begrenzung von Leiharbeit, Befristungen und Minijobs sowie eine Tarifbindung in den Berufsfeldern sind notwendig. Wir werden Geringqualifizierte effizient fördern, um Geringverdienst sowie dem Fachkräftemangel parallel entgegenzuwirken. Mit diesem Set an Maßnahmen zielen wir auf die Sicherung armutsfester Löhne ab, damit in Zukunft endlich mehr Menschen gut von ihrer Arbeit leben können.

Inklusion von Menschen mit Behinderung

Mit der Novellierung des Niedersächsischen Behindertengleichstellungsgesetzes haben wir die Teilhabe von Menschen mit Behinderung nachhaltig gestärkt und verbessert. Das Gesetz wird vor allem für mehr Barrierefreiheit sorgen und mögliche Benach- teiligungen von Menschen mit Behinderung weiter abbauen. Menschen mit Behinderung sollen in der Mitte unserer Gesellschaft selbstbestimmt und gleichberechtigt leben können. Das Land Niedersachsen wird ein Landeskompetenzzentrum für Barrierefreiheit errichten, das Behörden, aber auch weitere Akteure, wie die Wirtschaft, in Fragen der Barrierefreiheit beraten und unterstützen soll. Eine wichtige Neuerung ist auch die Verpflichtung für öffentliche Stellen, barrierefrei zu bauen.

Wichtig ist zudem, Nicht-Betroffene stärker für Inklusion zu sensibilisieren, damit die Belange von Menschen mit Behinderung bei der Planung und Umsetzung von Vorhaben im öffentlichen Raum konsequent mitgedacht werden. Von Landesseite müssen zudem verstärkte Anstrengungen unternommen werden, um auch von der Privatwirtschaft endlich mehr Barrierefreiheit einzufordern.

Mit dem Haushalt für die kommenden Jahre investiert das Land insgesamt 2,6 Milliarden Euro für die Unterstützung von Menschen mit Behinderung – der mit Abstand größte Einzeletatposten. Wir werden uns dafür einsetzen, Barrierefreiheit in allen Bereichen umzu- setzen und die Teilhabe weiter zu stärken. Letztere ermöglicht auch die Inklusion in den ersten Arbeitsmarkt, diese gilt es zu fördern.

Für die Fortschreibung der Inklusionspläne in Niedersachsen sind neben den Verbänden auch Betroffene selbst zwingend in den Prozess mit einzubeziehen. Auf dem Weg zur Inklusion setzen wir auch auf die Bereitstellung notwendiger Unterstützungs- angebote – wie Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher oder Assistenzleistungen. Darüber hinaus werden wir die Sozialraumorientierung in allen Angeboten der Eingliederungshilfe implementieren und ambulante sowie mobile Angebote unterstützen und diese fördern.

Maßregelvollzug

Wir werden auch das Niedersächsische Maßregelvollzugsgesetz novellieren, um psychisch kranken Straftäterinnen und Straftätern schnellstmöglich einen Unterbringungsplatz zur Verfügung stellen zu können.

Obdachlosigkeit

Die Situation von Wohnungslosen hat sich während der Corona-Pandemie verschärft. Notunterkünfte, in denen oftmals immer noch bis zu 70 Personen in einem Raum untergebracht sind, fehlende Versorgungsinfrastruktur und aufgrund von Hygienevorschriften weniger Kapazitäten bei niedrigschwelligen Angeboten sind nur drei Punkte, die verdeutlichen, was es bedeutet, wohnungslos zu sein – nämlich Ausschließung und Ausgrenzung.

Wir werden deshalb die örtlich zuständigen Kommunen bei der basalen Versorgung der Menschen, die ganz ohne Unterkunft auf der Straße leben, stärken, um Versorgungsangebote von flächendeckenden Straßenambulanzen zu verbessern. Aufenthaltsmöglich- keiten auch während des Tages sowie Mahlzeiten, Kleidung, Zugang zu sanitären Anlagen und Handhygiene sind abzusichern und zeitnah sind dort Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen, wo Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Eine eigene Wohnung ist der Grundstein für eine erfolgreiche Lebensbewältigung. Wir unterstützen daher das Prinzip „Housing First“ und wollen entsprechende Projekte in Niedersachsen weiter ausbauen und fördern.

Queerpolitik

Wir werden uns für die gesellschaftliche und rechtliche Gleichstellung und Sichtbarkeit der LSBTIQ*-Community in Niedersachsen einsetzen. Dazu werden wir uns dafür einsetzen, den Artikel 3 Absatz 3 der Niedersächsischen Verfassung um das Merkmal der sexuellen und geschlechtlichen Identität zu erweitern. Diskriminierungen, Gewalt und Hasskriminalität gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans*, Inter* und queere Menschen treten wir konsequent entgegen. Wir stehen entschlossen an der Seite der queeren Menschen und setzen uns für ein breiteres Verständnis in der Gesellschaft für queere Themen ein. Die SPD-geführte Landesregie- rung wird daher einen Landesaktionsplan gegen Homo-, Trans- und Queerfeindlichkeit initiieren und diesen konsequent umsetzen.

Ehrenamtliche Vereine, die sich aus der Community gebildet haben, spenden queeren Menschen einen diskriminierungsfreien Raum, in dem sie sich mit anderen queeren Menschen austauschen und vernetzen können. Zudem leisten diese Vereine einen sehr großen Teil der queeren Bildungsarbeit durch facettenreiche Veranstaltungen, Beratungsangebote, Lesungen, Vorträge und vieles mehr. Wir unterstützen diese ehrenamtlichen Strukturen und möchten sie aktiv stärken. Dafür unterstützen wir die Erhaltung bereits bestehender queerer Zentren sowie die Gründung neuer.

6.7 SPORT MIT „WIR-GEFÜHL“

Sport ist in Niedersachsen fest verankert und genießt in allen gesellschaftlichen Bereichen einen hohen Stellenwert. Der Erhalt von Sportstätten, die Förderung des Breitensports und Angebote der Integration und Inklusion sowie die Förderung des Ehrenamts sind für uns wichtige Kernanliegen der nächsten Jahre. Rund 2,5 Millionen Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer treiben in mehr als 9.300 Vereinen Sport und Zehntausende engagieren sich in der Vereinsarbeit. Während der Corona-Pandemie hat die nieder- sächsische Sportgemeinschaft Zusammenhalt bewiesen und ihre sportliche und soziale Stärke im Gemeinwesen vor Ort gezeigt. Dem organisierten Sport standen zuletzt jährlich mehr als 50 Millionen Euro aus Landesmitteln zur Verfügung – ein Höchstwert in der Geschichte des Landes. Zur finanziellen Absicherung der Sportförderung werden wir die Finanzhilfe durch einen zusätzlichen Inflationsausgleich langfristig absichern.

Wir haben in den letzten fünf Jahren die Sanierung von Sportstätten mit einem 100 Millionen Euro starken Sportstättensanierungs- programm gefördert und somit erfolgreich zur Zukunftssicherung des Sports in unserem Land beigetragen. Da der Bedarf für Kommunen und Vereine weiterhin besteht, streben wir eine Fortsetzung des Investitionsprogramms für Sportstätten an. In diesem Programm werden wir auch weiterhin einen besonderen Schwerpunkt auf die Sanierung von Schwimmbädern legen. So schaffen wir für alle Kinder die besten Voraussetzungen, um schwimmen zu lernen.

Die Sportstättenförderung werden wir neben der Weiterentwicklung klassischer Sportstätten auch auf die Entwicklung einer nach- haltigen Sport- und Bewegungsrauminfrastruktur für alle Teile der Gesellschaft ausdehnen; die Koordinierung der Förderung

von Land und Bund werden wir weiter verbessern und dabei auch den organisierten Sport, die Kommunen und weitere Akteure eng einbeziehen. Wir bekennen uns zu unserem niedersächsischen Olympiastützpunkt, der für unsere Spitzensportlerinnen und Spitzensportler optimale Bedingungen zur Ausübung ihres Sports bietet.

Wir werden das „WIR-Gefühl“ im Sport weiter in den Vordergrund stellen und die Bewegungsfreude bei Kindern und Jugendlichen sowie die sozialen Teilhabechancen in unseren Vereinen fördern. Hierzu werden wir Sport- und Bewegungs-Camps von Vereinen sowie Projekte zur Mitgliederrückgewinnung unterstützen.

Wir setzen uns dafür ein, dass alle Menschen gleichberechtigt an Bewegungs-, Spiel- und Sportangeboten teilhaben können, und sind uns der Bedeutung der inklusiven Arbeit im Sport bewusst. Daher werden wir uns weiterhin für den barrierefreien Ausbau der Sportstätten in Niedersachsen stark machen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Anerkennung und die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung auch langfristig ein sichtbarer Teil in Sport und Gesellschaft werden.

Wir werden die Toleranz und Akzeptanz von sexueller, ethnischer und geschlechtlicher Viel-falt im Sport weiter fördern und Projekte zur Aufklärung und Sensibilisierung von Akteuren im niedersächsischen Breitensport weiterhin unterstützen.

Wir werden die Aktivitäten des Landes im Bereich Sport, Bewegung, aktive Freizeit sowie Gesundheit und Therapie bündeln, aufeinander abstimmen und ministerienübergreifend in Form eines ganzheitlichen Programms verankern. Wir werden die finanziellen Mittel zur Integration von Migrantinnen und Migranten sowie von Menschen mit Behinderung erhöhen. Regionale Projekte wie BinaS in Braunschweig, InduS im Emsland, aber auch inklusive Ligen wie die Behinderten-Fußballliga oder auch Rollstuhlbasketball als Sportarten für Menschen mit und ohne Behinderung werden von uns gezielt wahrgenommen und als Leuchtturmprojekte gestärkt.

Die Kinderschutz- und die Behindertenrechtskonvention der UN werden für uns Handlungsprinzip sein.

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