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Regierungsprogramm der SPD in Niedersachsen zu den Landtagswahlen 2022.

Wordwolke zum Regierungsprogramm der SPD in Niedersachsen zur Landtagswahl 2022

Gute Arbeit und Umweltschutz sind kein Widerspruch mehr. Aber durch den menschengemachten Klimawandel ist das und zwischen Arbeit und Umwelt wichtiger geworden als je zuvor. Arbeit, Klima und Wirtschaft werden wir gemeinsam denken. Klimaschutz wird neue Arbeitsplätze schaffen.

Windräder müssen konstruiert und gebaut werden. Photovoltaik (PV) muss wieder in Niedersachsen entwickelt, montiert und gebaut werden. Es müssen neue Speichertechniken erfunden und neue Motoren gebaut werden. Auf die Straßen kommt hellerer Asphalt, in Bus und Bahnen wird investiert, neue Fabrikationstechniken werden erforscht. Veränderung bedeutet immer auch eine Chance für neue Arbeit und Wertschöpfung. In Niedersachsen ergreifen wir diese Chance.

Wir fördern Forschung und Entwicklung sowie eine enge Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft zur Beschleunigung von Innovation und Fachkräftequalifizierung auf höchstem Niveau. Wir setzen auf neue Technologien und als Teilhaber an Volkswagen treiben wir den Wandel in der Motorentechnik voran. Wir sind bereit für die Zukunft und wir sorgen dafür, dass alle von ihr profitieren.

3.1 UNSERE WIRTSCHAFT ZUM GEWINNER DER TRANSFORMATION MACHEN

Vor uns liegt ein Jahrzehnt der Transformation und Veränderung. Wir denken die Transformation aus Sicht der Beschäftigten. Mit über 3,1 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hat Niedersachsen so viele Beschäftigte wie nie zuvor.

Die Wirtschaft wird nicht nur von Großunternehmen getragen. Es sind die vielen kleinen und mittleren Betriebe, die Wertschöpfung und Beschäftigung in der Fläche sichern. Diese Wirtschaft in der Breite zu sichern wird unsere wirtschaftspolitische Hauptaufgabe in den kommenden Jahren sein. Unser Bundesland hat hierfür die besten Voraussetzungen. Wir verfügen über einen einzigartigen Dreiklang aus starker Wirtschaft, einer breit aufgestellten Forschungslandschaft und erneuerbaren Energien.

Mit unserer Automobil- und Luftfahrtindustrie, den Werften, unseren Maschinenbauunternehmen, unserer Stahl- und Chemieindustrie und einer modernen und umweltgerechten Ernährungswirtschaft können wir international zeigen, dass Klimaschutz und wirtschaft- licher Erfolg in einem der größten Industrieländer der Welt zusammengehen. Ebenso wie die Beiträge der Gewerkschaften und Betriebsräte haben die strategischen Beteiligungen an Volkswagen und der Salzgitter AG dazu beigetragen, hochqualifizierte, gut bezahlte Arbeitsplätze im Land zu halten.

Hierbei können wir uns auch auf starke Sozialpartnerschaften und hervorragend qualifizierte Facharbeiterinnen und Facharbeiter verlassen und werden diese weiter stärken.

Niedersächsische Unternehmen demonstrieren bereits, wie Klimaschutz zu einem Wettbewerbsvorteil führen kann. Die Automobil- industrie steuert um in Richtung Elektromobilität, die niedersächsische Stahlindustrie will Vorreiter bei grünem Stahl sein, die Chemieindustrie für klimaneutrale Produkte. Große Teile der niedersächsischen Wirtschaft nutzen grünen Strom und sie werden mit grünem Wasserstoff klimaneutrale Produkte herstellen. Niedersachsen ist führend beim Einsatz erneuerbarer Energien und zeigt mit dem Niedersächsischen Weg, wie Landwirtschaft mit konsequentem Umwelt- und Naturschutz ihre Produktionsweise umstellt.

Mit uns wird es eine strategische Neuausrichtung der Wirtschafts-, Industrie- und Strukturpolitik des Landes geben. Wir werden die Förderkulissen der EU, des Bundes und des Landes zur gezielten Förderung von Unternehmen im Wandel einsetzen. Unsere Vision ist, die Beschäftigten und Unternehmen in Niedersachsen, aber auch die breite Bevölkerung zu Gewinnern der Transformation zu machen. Bundesweit Vorreiter sind wir mit den Projekten der Kleinen und Großen Transformationslotsen. Diese gilt es zusammen mit den Sozialpartnern weiter auszurollen. Im Wandel braucht es unbedingt eine umfassende und kontinuierliche Folgenabschätzung, wie z. B. durch ein Transformations-Monitoring. Um alle Seiten mitzunehmen, sollten entsprechende Beteiligungsformate etabliert werden. Dies könnten zum Beispiel regionale Transformationsbeiräte unter Beteiligung der Sozialpartner sein.

Unsere Wirtschafts- und insbesondere unsere Industriepolitik werden künftig noch stärker Innovationspolitik sein. Innovation beginnt oft an der Hochschule. Wir wollen, dass aus den besten Ideen unseres Landes neue Arbeitsplätze entstehen. Wir werden die niedersächsischen Unternehmen insbesondere im Mittelstand und im Handwerk dabei unterstützen, näher an die Hochschulen und die exzellenten wissenschaftlichen Institute heranzurücken, und den Innovationstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft verbessern. Wir brauchen mehr Start-up-Zentren an Hochschulen, die Nukleus für weitere Firmengründungen im Hochtechnologie- bereich sind.

Wir unterstützen Existenzgründerinnen und Existenzgründer und werden bereits in der Schule Gründungsgeist wecken. Wir werden den Wissenstransfer mit weiteren Förderinstrumenten, wie zum Beispiel Innovations- und Digitalisierungsgutscheinen oder auch einer besseren Kooperation von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mit Start-ups und Hochschulen verbessern. Auch den Digitalbonus für notwendige Investitionsmaßnahmen werden wir fortführen. Gemeinsam mit Industrie und Handwerk evaluieren wir unsere Förderinstrumente, damit die Förderstrukturen ausreichend sind und gut ineinandergreifen.

Und wir werden uns noch stärker auf Schwerpunkte in der Wirtschaftsförderung fokussieren. Für Niedersachsen heißt das: Auto- mobile und Mobilität, erneuerbare Energien und Wasserstoff, Digitalisierung sowie Land- und Ernährungswirtschaft. Aber auch der Tourismus und die Gesundheitswirtschaft werden in diesem Transformationsprozess eine große Rolle spielen.

Klimaschutz ist das Konjunkturprogramm für Mittelstand und Handwerk – ob bei der Gebäudesanierung oder der Installation von Photovoltaik. Ohne ein starkes Handwerk mit genügend Fachkräften werden wir die Klimaziele nicht erreichen. Der Bedarf an Arbeitskräften in den relevanten Branchen kann bereits heute kaum noch gedeckt werden. Dass der Fachkräftebedarf aber gedeckt werden kann, ist auch Aufgabe der Politik. Wir werden offensiv für das Handwerk werben und die öffentliche Wahrnehmung des Handwerks stärken. Wir setzen uns für die Ausbildung von Fachkräften im Rahmen des dualen Ausbildungssystems für Handwerk, Handel und Dienstleistungssektor ein.

An der tatsächlichen Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung werden wir mitarbeiten. Es darf keine Rolle mehr spielen, ob man sich einen akademischen Abschluss an einer Hochschule oder im System der beruflichen Bildung erarbeitet!

Wir brauchen einen zukunftsorientierten Staat, der nicht nur Förderprogramme und Modellprojekte auflegt, sondern gemeinsam mit Unternehmen in Infrastrukturen, Forschung und Transformation investiert. Damit der dringend notwendige Transformationsprozess funktioniert und Unternehmen mutig investieren, braucht es einen Staat, der nicht nur ordnet und reguliert, sondern seine besondere Gestaltungskraft zur Bewältigung der Herausforderungen unserer Zeit nutzt. Staat und Verwaltung müssen Innovationstreiber werden.

Dafür wird unser Land mit einem Innovationsfonds Investitionen stärken. Eine innovative Wirtschaftsförderung setzt die notwendigen Investitionsmittel voraus. Daher werden wir die NBank von einer reinen Förderbank zu einer Investitionsbank ausbauen. Wir werden sie mit den notwendigen finanziellen Mitteln ausstatten, damit sie mehr Geld am Kapitalmarkt aufnehmen und in Zukunftsfelder investieren kann.

Der Tourismus bietet in Niedersachsen rund 290.000 Menschen Arbeitsplätze und ist ein weiterer wichtiger Wirtschaftsfaktor in unserem Land. Er leistet einen erheblichen Beitrag zur regionalen Wertschöpfung, sorgt für Lebensqualität und trägt maßgeblich zum Erhalt von Infrastruktur im ländlichen Raum bei. Gerade während der Corona-Pandemie ist Urlaub in Deutschland wieder beliebter geworden. Der Klimawandel führt zu einem Umdenken bei den Menschen: lieber mit der Bahn oder dem Elektroauto in den Harz, in die Heide oder an die Nordsee als mit dem Flieger in den Süden. Diesen Trend werden wir nutzen und gemeinsam mit Verbänden und Kommunen Niedersachsen als wachsende Tourismusregion weiter fördern und ausbauen. Wir setzen uns für die Einführung des elektronischen Meldescheins bei touristischen Übernachtungen ein.

3.2 AUTOLAND NIEDERSACHSEN ZUM MOBILITÄTSLAND ENTWICKELN

Die Automobilindustrie hat eine überragende Bedeutung für Wachstum und Beschäftigung in Niedersachsen. Rund 340.000 Arbeits- plätze sind in unserem Land vom Auto abhängig. Niedersachsens Automobilindustrie ist weltweit führend und so soll es auch bleiben. Das VW-Gesetz schützt dieses Wachstum in Niedersachsen. Hierdurch ist ein Garant für gute und sichere Arbeitsplätze in Niedersachsen verankert.

Die Automobilindustrie setzt verstärkt auf Elektromobilität und Digitalisierung. Die Automatisierung führt zu einer Veränderung der Beschäftigung in der Produktion. Auch das Handwerk – unter anderem Kfz-Werkstätten – ist durch veränderte Anforderungen von dieser Veränderung betroffen. Deshalb haben wir gemeinsam mit der IG Metall und NiedersachsenMetall den Strategiedialog

„Automobilwirtschaft in Niedersachsen“ auf den Weg gebracht. Diesen werden wir weiterentwickeln zu einer Dialogplattform über automobile Cluster. Außerdem hat das Land gemeinsam mit NiedersachsenMetall den mit 40 Millionen Euro dotierten Fonds „NTransformation“ geschaffen, der Unternehmen der Automobilindustrie bei den notwendigen Investitionen in die eigene Zukunfts- fähigkeit unterstützt. Wir unterstützen die Transformationsagentur von IG Metall und NiedersachsenMetall, um die notwendige Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die neuen Anforderungen hin zu organisieren.

Entlang der automobilen industriellen Wertschöpfungskette, von Chip-Design und Softwareentwicklung bis zur Komponenten- fertigung (insbesondere Batteriezellproduktion) und -entwicklung (Feststoffbatterie) müssen im Land Potenziale identifiziert, aufgebaut und erhalten werden. Wir werden dafür sorgen, dass der Wegfall von Arbeitsplätzen bei der Fertigung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor ersetzt wird durch den Aufbau neuer Arbeitsplätze zur Fertigung von Elektromotoren, Batteriezellen und anderen Komponenten für die Elektromobilität. Mit der Ansiedlung der Batteriezellfertigung in Salzgitter konnte ein Meilenstein zur Zukunfts- fähigkeit der Automobilindustrie und zum Erhalt der Beschäftigung erreicht werden. Wir werden die Voraussetzungen für weitere Standorte für Batteriezellfertigung schaffen. Dabei sind die erneuerbaren Energien der ideale Standortfaktor: Industrie folgt Energie, und zwar der erneuerbaren Energie.

Das Land wird sich zusammen mit den Kommunen, den Stadtwerken und der Energiewirtschaft für einen Ausbaupakt „Neue Mobilität“ einsetzen und so bis spätestens 2030 den flächendeckenden Ausbau einer Ladeinfrastruktur für E-Autos organisieren. Wir setzen dabei auf einen gesunden Mix aus privaten Lademöglichkeiten – zu Hause wie beim Arbeitgeber – einerseits und öffentlichen Ladesäulen andererseits. Auch wer in Mehrfamilienhäusern wohnt, muss einfache und frei zugängliche Lademöglichkeiten (z. B. an Laternen) haben. Zudem brauchen wir ein gut ausgebautes Netz von Schnellladestationen. Hier muss es einfach und schnell gehen – wie heute schon an der Tankstelle. Die Kommunen sollen eine auf die jeweilige Stadt und Gemeinde zugeschnittene Planung von öffentlichen Ladesäulen aufstellen. Hierbei werden wir sie unterstützen.

Auch andere Antriebsformen wie Brennstoffzellen oder synthetische Kraftstoffe werden in der Mobilität eine Bedeutung haben. Gerade Wasserstoff und Brennstoffzellen bieten insbesondere für Lkw, Schiffe, Züge oder Busse große Potenziale. Im Bereich der Luftfahrt wird vor allem das synthetische Kerosin einen zeitnahen Einstieg in die klimaneutrale Luftfahrt bringen. Unser Ziel ist, dass bis 2030 der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) und der Schienenpersonennahverkehr (SPNV) weitgehend emissionsfrei unterwegs sind.

Als starker Industrie- und Automobilstandort werden wir Vorreiter und Innovationsführer in der Technologie des automatisierten und vernetzten Fahrens sein. Insbesondere für den ÖPNV bietet das perspektivisch große Chancen. Mit unserem Testfeld Niedersachsen für automatisierte und vernetzte Mobilität werden wir die Wirtschaft und die Wissenschaft bei diesem schwierigen Unterfangen unterstützen und den fachlichen Austausch fördern.

Unser Ziel ist, dass alle Menschen zügig, zuverlässig und klimafreundlich von A nach B gelangen können – auf dem Land wie in der Stadt, ob zur Arbeit, zur Ausbildung oder in den Urlaub. Mobilität ist die Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe, wirtschaftliche Entwicklung und persönliche Freiheit. Unsere Mobilität der Zukunft ist bezahlbar, klimafreundlich, umfassend barrierefrei, digital und vernetzt. Perspektivisch brauchen wir deshalb einen „Hausanschluss Mobilität“. Alle Menschen – unabhängig vom Wohnort oder körperlichen Beeinträchtigungen – sollen ohne eigenes Auto mobil sein können und die Erreichbarkeit von Versorgungs- einrichtungen, Ärzten, Behörden oder Ausbildungsstätten muss sichergestellt sein.

Den ländlichen Raum werden wir besser erschließen. Wir werden uns dafür einsetzen, die Bahninfrastruktur so zu gestalten, dass bauliche Barrieren für Reisende überwunden werden können, und so einen weiteren Baustein für die Mobilität für alle zu setzen. Wir werden dezentrale Mobilitätsangebote digital verknüpfen. Regionale Verkehrsbetriebe werden wir bei ihrer Weiterentwicklung zu Mobilitätsdienstleistern unterstützen und dabei unter anderem zur umfassenden Anwendung des zwei-Sinne-Prinzips in der Fahrgastkommunikation beitragen. Im ländlichen Raum werden wir den ÖPNV durch Förderung von Rufbus, Bürgerbus oder On- demand-Angeboten wie beispielsweise Ridepooling oder mit Erfahrungen aus dem niedersächsischen Pilotprojekt EcoBus unter- stützen. Auch das ehrenamtliche Engagement bei den Bürgerbussen werden wir weiter unterstützen und auch hier dafür Sorge tragen, den Gedanken der Barrierefreiheit zu beachten. Wir werden zudem ein Rahmengesetz auf den Weg bringen, das es Land- kreisen und Kommunen ermöglicht, Abgaben zur Finanzierung des fahrscheinfreien Nahverkehrs zu erheben.

Die Verkehrsbelastung in städtischen Zentren werden wir insgesamt verringern. Wir unterstützen deshalb nachhaltige urbane Mobilität in allen mittleren und großen Städten in Niedersachsen. Hier gilt es einen Fokus auf die weitere Steigerung der Attraktivität des ÖPNV sowie den Ausbau und die Sanierung von Radwegen zu legen. Zugleich benötigen wir bessere Konzepte, um den zu- nehmenden Lieferverkehr effizienter zu gestalten. Wir müssen dabei sicherstellen, dass das Handwerk mit seinen unterschiedlichen Branchen und den damit verbundenen unterschiedlichen Anforderungen auch zukünftig Zugang zu innerstädtischen Lagen behält.

Bei Städtebauförderung, Stadt- und Verkehrsplanung soll es eine neue Flächengerechtigkeit geben: mehr Flächen zugunsten von ökologischeren Fortbewegungsformen. Aber die Mehrheit der Menschen in Niedersachsen wird auch nach 2030 noch Autos brauchen – gerade auf dem Land. Unsere Maxime ist die „Vision Zero“. Dabei gehören zur Verkehrssicherheit sämtliche Maß- nahmen und Aktivitäten, die zur Verbesserung der Sicherheit aller beitragen, die am Straßenverkehr teilnehmen. Im Vordergrund stehen dabei das menschliche Verhalten ebenso wie die Fahrzeugtechnik, die Verkehrsinfrastruktur sowie das Verkehrsrecht. Für diese Zielsetzung müssen die Verkehrsplanung und -entwicklung handlungsleitend sein. Die Mobilität der Zukunft bietet nicht zuletzt durch die Digitalisierung viele Chancen für die Verkehrssicherheit.

Ein großes Potenzial bei der Verkehrswende bietet die Förderung von Fuß- und Radverkehr. Auf diesen Bereich entfällt bereits jetzt ein großer Mobilitätsanteil. Wir werden uns auf Bundesebene dafür stark machen, dass der Fußgänger- und Radverkehr beispielsweise durch die Einrichtung von Mittelinseln, Zebrastreifen oder Geschwindigkeitsbegrenzungen vor Ortseinfahrten gerade im ländlichen Raum attraktiver und sicherer wird. Dazu sollen die Kommunen mehr Entscheidungskompetenzen in diesem Bereich erhalten. Eine innerörtliche Temporeduzierung ist eine der wirksamsten Maßnahmen, um das Sicherheitsgefühl der nicht- motorisierten Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer zu erhöhen. Auch hier muss es beispielsweise auf innerörtlichen Nebenstrecken möglich sein, das Tempo zu reduzieren. Gerade bei der gewünschten Steigerung des Radverkehrs kann sich der Konflikt mit der Gruppe der Zu-Fuß-Gehenden erhöhen. Deswegen ist es umso wichtiger, diese Gruppe im Fokus der Betrachtungen zu behalten und bei der Planung des innerörtlichen Radverkehrs auch den Fußgängerverkehr zu berücksichtigen, damit sich gerade „schwächere“ Verkehrsteilnehmende, wie Kinder, Seniorinnen und Senioren oder körperlich eingeschränkte Menschen im Verkehrs- geschehen sicher fühlen.

Als besonders attraktive Form klima- und gesundheitsfördernder Mobilität wollen wir den Anteil des Radverkehrs von heute circa 15 Prozent auf mindestens 25 Prozent im Jahr 2030 steigern und für ein flächendeckendes Radverkehrsnetz mehr Mittel in die Radwegeinfrastruktur investieren. Zudem wollen wir ein Fahrradleasing-Modell für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst einführen und das Besoldungsrecht hierfür anpassen.

Nach der Einführung des regionalen Schülerinnen- und Schüler- sowie Azubi-Tickets werden wir nun ein landesweites Ticket für einen Euro pro Tag auf den Weg bringen, das allen Schülerinnen und Schülern, Azubis und Freiwilligendienstleistenden zugute kommt. Wir brauchen zudem eine in ganz Niedersachsen einheitliche digitale Möglichkeit, Fahrscheine zu erwerben.

Den Verkehrsträger Schiene werden wir stärken. Die Verkehrswende kann nur gelingen, wenn Niedersachsen auch ein Bahn- land wird, denn Bahnfahren ist aktiver Klimaschutz. Dazu werden wir systematisch stillgelegte Bahnhöfe und neue Standorte für Stationen mit dem Ziel untersuchen, die Reaktivierung von Bahnstrecken konsequent voranzutreiben und ein neues Reaktivierungs- programm zu starten. Grundlage hierfür werden überarbeitete und für den ländlichen Raum optimierte standardisierte Bewertungen sein. Die bereits in Arbeit befindlichen Reaktivierungen zwischen Coevorden und Neuenhaus, Maschen und Buchholz sowie Salzgitter-Fredenberg und Salzgitter-Lebenstedt werden wir in jedem Fall abschließen.

Wir stehen zu der im Bürgerdialog vereinbarten Alpha-E-Variante, das heißt dem Ausbau der Bestandsstrecken zwischen Hamburg, Bremen und Hannover zu den Bedingungen der Region. Durch den frühzeitigen Dialog und ein konsequentes Umsetzen der gemeinsam getroffenen Vereinbarungen wollen wir die Modernisierung des niedersächsischen Schienennetzes beschleunigen und das auch bei Bund und Bahn einfordern. Wir setzen uns für den Ausbau der Fernverbindung Hannover–Bielefeld ein. Um den Eingriff in Natur und Landschaft so gering wie möglich zu halten, fordern wir eine zielgerichtete infrastrukturelle und technische Ertüchtigung der vorhandenen Trassen. Die von den Baumaßnahmen betroffenen Kommunen machen wir u. a. durch besseren Lärmschutz, städtebauliche Begleitplanung und bessere Nahverkehrsverbindungen zu Modernisierungsgewinnern. Als Land werden wir den Ausbau und die Elektrifizierung von Nebenstrecken im SPNV beziehungsweise, wo eine Elektrifizierung nicht sinnvoll möglich ist, den konsequenten Einsatz von klimaneutralen Batterie- oder Brennstoffzellenzügen fördern.

Niedersachsen steht hinter dem Konzept des Deutschlandtaktes und wird bei seiner Umsetzung nach Kräften mitwirken. Der Bund muss die Kosten für Anpassungen im Nahverkehr tragen, die aufgrund des Deutschlandtaktes im Nahverkehr erforderlich werden.

Das Land wird auch den Güterverkehr auf der Schiene fördern. Dazu werden wir prüfen, im Bereich der landeseigenen Schienen- infrastrukturgesellschaft (SINON) neue Gleisanschlüsse bauen und weitere Firmen an das Schienennetz anbinden zu können. Auch entlang der Bahnstrecken anderer Gesellschaften wird die Landesregierung in Zusammenarbeit mit ihnen versuchen, neue Kunden für die Schiene zu gewinnen.

Das Land steht beim Straßenbau vor gewaltigen Herausforderungen. Im laufenden Jahrzehnt muss ein Großteil der Straßenbrücken an Bundes- und Landesstraßen erneuert werden. Dazu werden wir die zur Planung und Umsetzung benötigten Fachkräfte einstellen. Wir sind zudem für die konsequente Weiterplanung und den Weiterbau der A 20 über Elbe und Weser, einschließlich der A 26 bis Hamburg sowie der A 39 zwischen Wolfsburg und Lüneburg. Besonderes Augenmerk werden wir auf die Brückenertüchtigung ent- lang unserer Landesstraßen legen und ein Investitionsprogramm auf den Weg bringen.

Für die maritime Wirtschaft sind starke Seehäfen von Emden bis Stade und eine gute Anbindung von zentraler Bedeutung. Durch den Bau des JadeWeserPorts in Wilhelmshaven als einzigem Tiefwasserhafen Deutschlands und die Etablierung von Cuxhaven als dem deutschen Offshore-Basishafen ist unser Bundesland schon heute sehr gut im Wettbewerb mit anderen Häfen der sogenannten Nordrange aufgestellt. Um unseren „Hafen Niedersachsen“ fit für die Zukunft zu machen, müssen unsere Seehäfen für die aktuellen Schiffsgrößen erreichbar sein. Deshalb haben für uns die Unterweservertiefung bis Brake und die Außenemsvertiefung Priorität. Wir werden den Bund weiter dabei unterstützen, diese Projekte so schnell wie möglich umzusetzen. Aber auch an unseren Hafenstand- orten selbst gibt es genug zu tun: Die Ertüchtigung der Seeschleuse und der Bau eines dritten Großschiffsliegeplatzes in Emden, die Errichtung weiterer Liegeplätze für den Offshore-Wind-Umschlag in Cuxhaven sowie die Infrastruktur für die Anlandung von Wasser- stoff in Wilhelmshaven finanziell abzusichern wird Aufgabe für die nächsten Jahre sein. Zudem besteht am JadeWeserPort absehbar Bedarf an einer Ausweitung der Logistikzone. Die notwendigen Vorarbeiten haben wir bereits begonnen. Perspektivisch sehen wir ferner Bedarf für eine zweite Ausbaustufe des JadeWeserPorts und werden die konkreten Planungen weiter vorantreiben.

3.3 ERNEUERBARE ENERGIEN – SICHER, BEZAHLBAR UND UNABHÄNGIG

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstreicht die Notwendigkeit, sich bei der Energieversorgung aus der Abhängig- keit insbesondere der russischen Gasversorgung zu lösen und den Ausbau der erneuerbaren Energien zu forcieren. Erneuerbare Energien bedeuten für uns den Weg in eine freie und unabhängige Energieversorgung. Wenn es neben dem Klimaschutz an sich noch eines Argumentes für eine heimische, unabhängige und saubere Energieversorgung durch Erneuerbare bedurfte, dann ist das dieser Krieg. Die Welt ist seitdem eine andere!

Wir werden nicht den Fehler begehen und den Klimaschutz und den Umbau unserer Energieversorgung den kurzfristigen Maßnahmen im Zuge des Kriegs in der Ukraine zu opfern. Das wäre kurzsichtig und nicht zuletzt kommenden Generationen gegenüber unverantwortlich.

Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem wir energiepolitisch neue Fakten schaffen müssen. Dafür brauchen wir vor allem an drei zentralen Stellen Entscheidungen:

  1. Wir müssen die erneuerbaren Energien noch schneller ausbauen. Sie liefern zuverlässige, kostengünstige und saubere Energie. Das ist auch eine Botschaft an diejenigen, die den Ausbauprojekten vor Ort skeptisch gegenüberstehen: Der Ausbau der Erneuerbaren gibt uns Freiheit und Unabhängigkeit von energiepolitischen Erpressungsversuchen.
  1. Kurzfristig müssen wir sicherstellen, dass unsere strategischen Kohle- und Gasreserven ausreichen. Dabei sind die Kavernenspeicher ein Teil einer kritischen Versorgungsinfrastruktur. Die von der sozialdemokratisch geführten Bundesregierung vorgeleg- ten neuen gesetzlichen Vorgaben zur Befüllung der Erdgasspeicher sind daher richtig.
  1. Wir müssen kurzfristig die nötige Infrastruktur für den Import von Flüssiggas schaffen – nur als Übergangslösung für fossiles Gas, um dann zügig auf die Versorgung mit grünem, klimaneutralem Gas umzusteigen. Das ist technisch nicht nur möglich, das ist bereits Teil der Konzepte für Terminals in Stade und Wilhelmshaven. Mit dem Bekenntnis zum Aufbau einer Infrastruktur für den Import von Flüssiggas und klimaneutralem Gas setzen wir unser Ziel, bis zum Jahr 2040 schrittweise aus der Förderung fossiler Energien auszusteigen, konsequent um. Die Förderung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten mithilfe der Fracking-Technologie lehnen wir hingegen ab.

Für uns steht fest: Mobilität sowie der Bezug von Strom und Wärme müssen auch für die Bevölkerungskreise mit kleinem Einkommen weiterhin erschwinglich bleiben. Balkon-Photovoltaik ist eine Möglichkeit, teilweise Energieautarkie für viele Mieter zu ermöglichen. Das Vetorecht der Vermieter und Eigentümergemeinschaften ist abzuschaffen. Auch energieintensive Unternehmen müssen handlungsfähig bleiben und Arbeitsplätze erhalten können.

Ausbauoffensive erneuerbare Energien starten

Ohne den massiven und drastisch beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien wird Niedersachsen seinen Beitrag zur Be- grenzung der Erderwärmung nicht leisten können. Neben ausreichend verfügbarer erneuerbarer Energie als Grundvoraussetzung für die Transformation zur Klimaneutralität spielen deren Speicherung und Transport eine zentrale Rolle. Niedersachsen verfügt dank seiner Küstenlage, der Hafeninfrastruktur sowie der Strom- und Gasnetze über beste Voraussetzungen, diese Herausforderung erfolgreich zu bewältigen.

Die Energiewende birgt für Niedersachsen enormes Potenzial für die Sicherung und Schaffung neuer und zukunftsfähiger Arbeits- plätze und Wertschöpfung für Wirtschaft und Handwerk. Die Energiewende kann darüber hinaus in wesentlichem Maße zur Stabili- sierung der kommunalen Haushalte beitragen.

Wir setzen uns dafür ein, dass Kommunen und die Bevölkerung am Ausbau der erneuerbaren Energien partizipieren können. Dies schafft Akzeptanz und Wertschöpfung vor Ort. Wir werden uns auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die Rahmenbedingungen für Formen der Bürgerenergie und Energiegenossenschaften verbessert und die Möglichkeiten der kommunalen finanziellen Beteiligung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erweitert werden.

Wir haben uns im Niedersächsischen Klimagesetz das Ziel gesetzt, den Energiebedarf des Landes bis 2040 bilanziell aus 100 Pro- zent erneuerbaren Energien zu decken. Deshalb werden wir das Ausbauziel für Photovoltaik auf mindestens 65 Gigawatt, davon 35 Gigawatt bis 2030, ausrichten – wir planen mit 50 Gigawatt auf Dächern und 15 Gigawatt Freiflächen- PV. Dies erfordert einen jährlichen PV-Zubau von deutlich über 3 Gigawatt Leistung.

Den Windenergie-Ausbau werden wir wieder beschleunigen. An Land sollen mindestens 30 Gigawatt Leistung installiert werden. Hierbei werden wir insbesondere das Repowering alter Anlagen vorantreiben. Kapazitäten für Windenergie auf See werden wir auf mindestens 20 Gigawatt bis 2030 und 40 Gigawatt bis 2040 steigern.

Um diesen Zubau realisieren und gleichzeitig dadurch volkswirtschaftliche Effekte erzielen zu können, werden wir dazu beitragen, eine PV-Produktion in Niedersachsen aufzubauen. Wir streben die Produktion von PV-Modulen in Niedersachsen entlang der gesamten Wertschöpfungskette an. Unser Land verfügt beispielsweise mit dem Institut für Solarenergieforschung (ISFH) über eine international anerkannte Forschungs- und Entwicklungseinrichtung in der Zellforschung für PV-Module. Hierdurch stärken wir Beschäftigung durch „Gute Arbeit“ in einer Zukunftstechnologie.

Um die gesteckten Ausbauziele zu erreichen, werden wir im Landesraumordnungsprogramm (LROP) sowie in der Nieder- sächsischen Bauordnung den Gestaltungsspielraum vollumfänglich ausnutzen, um die notwendigen Flächen für den Ausbau bereitzustellen.

Den Ausbau der erneuerbaren Energien werden wir naturverträglich gestalten und mit einem Artenhilfsprogramm für den Schutz derjenigen Arten sorgen, für die der Ausbau der erneuerbaren Energien einen Eingriff in ihr Habitat bedeuten könnte.

Für die Windenergie an Land sollen 2,1 Prozent der Landesfläche ausgewiesen werden. Zu diesem Zweck werden wir auch die Potenziale von Windenergie im Wald erschließen. In Ergänzung zum vorrangigen Dachflächen-PV-Ausbau werden wir den Freiflächen- und Agri-PV konsequent vorantreiben.

Für das Gelingen der Energiewende brauchen wir zwingend schlankere und beschleunigte Genehmigungsverfahren. Das erfolgreiche Dialogformat des Niedersächsischen Wegs werden wir dafür nutzen, gemeinsam mit Vertretern aus Wirtschaft, Naturschutz, Landwirtschaft und den kommunalen Spitzen Planungskriterien in Leitfäden zu definieren, welche die kommunalen Planungs- und Genehmigungsbehörden bei der Umsetzung bestmöglich unterstützen.

Wir schaffen intelligente Strom- und Gasnetze, um die Infrastruktur für eine effiziente Energiewende bereitzustellen. Zu diesem Zweck brauchen wir einen beschleunigten Ausbau und eine Optimierung der bestehenden Infrastruktur sowie verbesserte Rahmen- bedingungen für die Energiespeicherung. Für eine effiziente Anbindung und Weiterleitung der Offshore-Windenergie werden wir im LROP die Voraussetzungen für die Schaffung der erforderlichen Infrastruktur regeln.

Ausstieg aus der Atomkraft konsequent vorantreiben

Der Atomausstieg ist für uns unumkehrbar und wird weiter konsequent vorangetrieben werden.

Wir werden den Suchprozess nach einem Atommüllendlager transparent und fair begleiten und Informationen für die Bürgerinnen und Bürger Niedersachsens bereitstellen. Die Kommunen werden wir für die fachliche Auseinandersetzung mit dem Suchprozess finanziell weiter unterstützen. Die Arbeit und die Zusammensetzung des Begleitforums Endlagersuche werden wir regelmäßig evaluieren und bei Bedarf weiterentwickeln.

Wir setzen uns dafür ein, dass das marode Bergwerk Asse II schnellstmöglich gesichert wird und die atomaren Abfälle zurückgeholt werden. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass unter Berücksichtigung der Erfahrungen mit der Asse die Situation von Schacht Konrad im Rahmen des Endlagersuchverfahrens neu bewertet wird.

Die Rückholbarkeit der eingelagerten Stoffe ist eine Mindestanforderung. Der Standort Gorleben hat sich im Rahmen des Endla- gersuchprozesses als ungeeignet erwiesen. Wir werden den Rückbau des Bergwerkes und der technischen Anlagen konsequent vorantreiben.

3.4 NIEDERSACHSEN ALS VORREITER FÜR GRÜNEN WASSERSTOFF

Mit seinem großen Anteil an erneuerbaren Energien, wichtigen Unternehmen der Energiewirtschaft, seiner Rolle als Energiedreh- scheibe und einer starken Energieforschungslandschaft soll Niedersachsen Vorreiter auf dem Weg zur Klimaneutralität von Energie- versorgung und Wirtschaft werden. Dabei wird Wasserstoff als Energieträger eine zentrale Rolle spielen, da Wasserstoff in großen Mengen speicherbar und transportierbar ist.

Die Anwendung von Wasserstoff ist in Niedersachsen bereits Wirklichkeit. Die Landesnahverkehrsgesellschaft hat bereits in Nieder- sachsen produzierte Wasserstoffzüge erworben und setzt sie auf nicht elektrifizierten Strecken ein.

Die Stahlindustrie ist wie die Autoindustrie industrieller Kern und mit Salzgitter sowie Georgsmarienhütte essenziell für den Standort Niedersachsen. Zehntausende Arbeitsplätze hängen direkt an diesen Industrien. Stahlstandorte, die nicht rechtzeitig auf eine klima- neutrale Stahlerzeugungsroute umschwenken, sind nicht zukunftsfähig. Deshalb muss zügig die Umsetzung hin zu grünem Stahl erfolgen. Voraussetzung dafür ist nicht nur staatliche Unterstützung bei der Finanzierung der notwendigen Investitionen, sondern auch die Schaffung von Absatzmärkten von grünem Stahl. Wir setzen uns ein für die Einführung eines mindestens europaweiten Grünstahllabels und forcieren einen schnellen Ausbau von Strom- bzw. Wasserstoffnetzen.

Niedersachsen kommt aufgrund der Lage an der Küste, der Hafeninfrastruktur sowie der bereits vorhandenen Energieinfrastruktur eine besondere Bedeutung beim Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft zu. Das Land verfügt über eine ausgebaute Gasinfrastruktur inklusive Seehäfen, Kavernenspeichern und Pipelines, die für Wasserstoff zur Verfügung stünden. Diesen Standortvorteil werden wir beim Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur nutzen.

In Wilhelmshaven gibt es bereits erste Projekte für den Import von grünem Wasserstoff. Diese Projekte werden wir unterstützen sowie für eine Anpassung und Umwidmung vorhandener Erdgasinfrastrukturen sorgen.

Voraussetzung dafür ist, die Produktion und den Transport wettbewerbsfähig zu gestalten. Hierfür ist eine Menge an Forschungs- und Entwicklungsarbeit für effiziente Herstellungs-, Transport- und Speichertechnologien zu leisten, die wir durch Innovations- förderung wie auch durch den Aufbau von regionalen Wasserstoffclustern unterstützen werden.

Es gibt in Niedersachsen erste Pilotvorhaben für Elektrolyseure im großtechnischen Maßstab. Hierbei soll Strom insbesondere aus Offshore-Windparks zur Herstellung von grünem Wasserstoff genutzt und Letzterer dann in Industrieprozessen eingesetzt werden. Anlagen zur Gewinnung von grünem Wasserstoff und Sauerstoff per Elektrolyse sollen aus Gründen der Effizienz an den Einspeisepunkten offshore vorwiegend an der Küste errichtet werden. Es sind auch aktiv Kooperationen mit anderen Ländern, speziell im Rahmen der Europäischen Union, zu suchen.

Auch wenn es ein finanzieller Kraftakt werden wird: Wir lassen unsere Wirtschaft nicht allein und unterstützen sie zusammen mit dem Bund im Rahmen der IPCEI-Förderung von Schlüsselprojekten entlang der gesamten Wertschöpfungskette Wasserstoff.

Dekarbonisierung durch Wasserstoff erfordert vor allem eines: mehr erneuerbare Energien. Niedersachsen hat dieses Potenzial. Schon jetzt haben wir den bisher in den Kernkraftwerken in Niedersachsen produzierten Strom durch erneuerbare Energien bilanziell abgedeckt. Die gemeinsam mit dem Bund formulierten Ausbauziele bei Wind und Photovoltaik sind ambitioniert. Doch die direkte Nutzung der Energie entlang der Küste schafft Potenziale für einen schnelleren Ausbau.

3.5 NIEDERSACHSEN ALS KLIMASCHUTZ- UND ENERGIELAND NUMMER EINS

Mit ambitionierten Klimaschutzzielen und einem klaren Fahrplan auf dem Weg zur Klimaneutralität

Mit unserem Klimaschutzgesetz von 2020 haben wir bereits eine gute Basis in Niedersachsen für das Ziel der Klimaneutralität gelegt. Doch wir wollen mehr.

Wir wollen möglichst bis 2040 in Niedersachsen klimaneutral sein. Die Gesamtemissionen wollen wir bis 2025 um mindestens 50 Prozent, bis 2030 um mindestens 75 Prozent, bis 2035 um mindestens 90 Prozent im Vergleich zu 1990 senken. Durch Renaturie- rung von Mooren und Wäldern sollen mehr Treibhausgase gebunden werden.

Bereits bis 2040 wollen wir den Energie- und Wasserstoffbedarf in Niedersachsen durch erneuerbare Energien abdecken. Und wir wollen unsere natürlichen Kohlenstoffspeicherkapazitäten nicht nur erhalten, sondern auch erweitern. Beim Ausbau der Windenergie an Land werden wir hierzu im Klimagesetz ein verbindliches Flächenziel von 2,1 Prozent und bei der Freiflächen-PV in Höhe von 0,5 Prozent vorgeben.

Unsere Landesverwaltung soll eine Vorbildrolle einnehmen und bis 2030 zu 80 Prozent und bis 2040 zu 100 Prozent klimaneutral sein. Dazu wollen wir bis 2025 35 Prozent, bis 2030 65 Prozent und bis 2038 alle Landesgebäude mit Photovoltaikanlagen aus- statten. Unseren Landesfuhrpark machen wir bis 2030 emissionsfrei. Und wir wollen eine Verpflichtung zur Umsetzung von Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen auf landeseigenen Flächen gesetzlich verankern. Wir werden bezahlbares und klimaschonendes Bauen miteinander verbinden. Deswegen sorgen wir dafür, dass das Land – wo das möglich ist – verstärkt mit klimaschonenden Baustoffen baut. Unser Ziel ist es, dass landeseigene Gebäude künftig mehr CO2 speichern, als ihr Bau an CO2- Ausstoß verursacht. Die Nutzung von recycelten Baustoffen und auch nachwachsenden Rohstoffen werden wir in öffentlichen Aus- schreibungen stärker berücksichtigen.

Bei öffentlichen Beschaffungen führen wir einen CO2-Schattenpreis ein. Alle Förderprogramme des Landes werden wir einem Klima- check unterziehen, um klimaschädliche Förderungen zu vermeiden.

Die gesellschaftliche Akzeptanz für die Umsetzung der Maßnahmen ist für uns eine Grundvoraussetzung für das Gelingen der Energiewende und das Erreichen der Klimaziele.

Die Einspeisevergütung für erneuerbaren Strom beträgt einen Bruchteil des Marktpreises. Diese Lücke ist zu schließen. Zusammen mit der Bundesregierung und der Bundesnetzagentur ist die Netzwerkdurchleitungsgebühr zu senken und für Nachbarschaftsstrom abzuschaffen. Wir werden daher auf eine möglichst ausgewogene, sozialverträgliche und partizipative Umsetzung der Klimaschutz- maßnahmen achten.

Für öffentliche und privatwirtschaftliche Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen und innovative Projekte zur CO2-Einsparung werden wir einen Klimafonds einrichten, über den eine dauerhafte und mehrjährige Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen abgesichert wird.

Wir werden daher den Klimaschutz als Pflichtaufgabe auf kommunaler Ebene verankern, kommunale Entsiegelungskataster für eine gezieltere Entsiegelung von Böden erarbeiten und regionale Klimaschutzagenturen auf Kreisebene einrichten. Über die Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen und u. a. die Bildungsangebote des Norddeutschen Zentrums für Nachhaltiges Bauen (NZNB) Verden werden wir Kommunen, aber auch interessierte Privatpersonen und Unternehmen dabei unterstützen, durch nachhaltiges Bauen und Sanieren die Klimaschutzpotenziale des Bausektors zu nutzen.

Klimaneutrales Wohnen

Der Gebäudesektor verursacht derzeit knapp ein Fünftel der gesamten CO2-Emissionen in Niedersachsen – hier können wir also noch viel bewegen. Energie und Wärme müssen bezahlbar bleiben. Deshalb werden wir zusammen mit dem Bund die Haus- besitzerinnen und Hausbesitzer finanziell bei der Wärmewende unterstützen – sei es bei der Gebäudesanierung und Maßnahmen für mehr Energieeffizienz oder beim Einbau von Wärmepumpen. Wir werden eine allgemeine PV-Pflicht für alle Neubauten einführen.

Gemeinsam mit den Kommunen werden wir Wege zum klimaneutralen Wohnen finden. Bei der Wärmeversorgung setzen wir vor allem auf den Ausbau von Wärmenetzen. Zusammen werden wir kommunale Wärmepläne für eine gezieltere energetische

Sanierung von Quartieren erarbeiten. Auch den weiteren Ausbau von dekarbonisierter Fernwärme werden wir unterstützen sowie Geothermie stärker in den Blick nehmen.

Kreislaufwirtschaft fördern, Ressourceneffizienz und Recyclingfähigkeit verbessern

Ein wichtiger Baustein für einen konsequenten Klima- und Umweltschutz besteht in der Kreislaufwirtschaftsführung, um natürliche Ressourcen zu schonen und Abfall zu reduzieren. Dazu zählt auch, die Ressourceneffizienz und Recyclingfähigkeit im Produkt- design und bei der Verwendung von Rohstoffen, etwa im Baubereich, zu verbessern. Wir setzen uns dafür ein, dass Recyclingstoffe nicht als „Abfall“ bewertet werden.

Wir werden uns auf Bundesebene für eine Novellierung des Wertstoffgesetzes einsetzen, um einen bundeseinheitlichen Rahmen für eine verbesserte Kreislaufwirtschaftsführung und Abfallvermeidung zu schaffen. Auf Landesebene werden wir Projekte für eine ganz- heitliche Kreislaufwirtschaftsführung unterstützen und finanziell fördern.

Effektiver Boden- und Moorschutz für einen natürlichen Klimaschutz

Klimaschutz ist auch Bodenschutz. Die Neuversiegelung von Böden werden wir im Sinne eines besseren Stadtklimas und zur Vorbeugung von Starkregen und Hochwasser bis 2030 auf unter drei Hektar pro Tag reduzieren und bis 2050 beenden (Netto-Null). Wir unterstützen und fördern eine klimaschonende Bodenbewirtschaftung über Carbon farming oder Agroforstsysteme.

Bei den erforderlichen CO2-Einsparungen zum Erreichen der Klimaziele haben Moorflächen als natürliche CO2-Senken eine Schlüs- selrolle. In Niedersachsen nehmen Moorflächen rund 8,4 Prozent der Landesfläche ein. Niedersachsen hat vor diesem Hintergrund eine besondere Verantwortung. Wir werden eine Naturschutzstiftung gründen, die den Erwerb und die Wiedervernässung von Moor- flächen effektiv organisieren und umsetzen wird.

Beim Moor- und Klimaschutz werden wir die Flächenbewirtschafter und den ländlichen Raum in diesem Transformationsprozess von Beginn an einbinden, mitnehmen und Chancen für eine zukunftsfähige Partizipation aufzeigen. Hierzu gehört auch die Schaffung von Planungssicherheit für die Landwirtschaft. Die Kompensation von angepasster Bewirtschaftung und CO2-Speicherung ist ein guter Weg. Wir werden ein Kompetenzzentrum Moorschutz mit den Schwerpunkten Entwicklung, Erprobung und Umsetzung moor- schonender Nutzungskonzepte schaffen. Freiwillige Kohlenstoffzertifikate können als Finanzierungshilfe entwickelt werden. Hier knüpfen wir an die positiven Erfahrungen aus dem Niedersächsischen Weg an und werden diesen um die Themen Klimaschutz, Moorschutz und Energiewende ergänzen.

Anpassung an die Folgen des Klimawandels für ein nachhaltiges Wassermanagement und einen klimaresilienten Waldumbau vorantreiben

Wir setzen uns weiterhin mit den Folgen des Klimawandels auf den Wasserhaushalt auseinander, um die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen bestmöglich zu schützen und belastbare Datengrundlagen für eine vorausschauende Maßnahmenplanung zu erarbeiten. Unser Ziel ist hierbei ein ganzheitliches, integriertes Wassermengenmanagement, das wir in der Erarbeitung eines „Generalplans Wassermengenmanagement“ zusammenführen werden, der die Bereiche Wasserversorgung, Wasserrückhalt und -speicherung abbildet. So werden wir die Wasserversorgung auch in Zeiten des Klimawandels dauerhaft sicherstellen.

Wir werden gemeinsam mit den Flächenbewirtschaftern ein Konzept erarbeiten, das die Speicherfähigkeit des Bodens besser nutzt und die Ent- und Bewässerung von Flächen mithilfe von intelligenten, digital basierten Systemen ordnet.

Der Küsten- und Hochwasserschutz ist für uns eine Generationenaufgabe von herausragender Bedeutung. Wir werden die Küsten- und Binnendeiche als Folge der Klimaauswirkungen weiterentwickeln und den Generalplan Küstenschutz fortschreiben. Für den Aufbau von Deichen müssen wir stets genügend Klei als Material zur Verfügung haben. Zu diesem Zweck werden wir ein Sediment- managementsystem entwickeln. Wir werden, wo möglich, über Deichrückverlegung oder die Renaturierung von Auenbereichen mehr Rückzugs- und Retentionsräume für Wasser schaffen.

Für eine verbesserte Starkregenvorsorge werden wir den Kommunen ein Finanzierungsinstrument über eine Änderung des Niedersächsischen Wassergesetzes an die Hand geben.

Unsere Wälder erfüllen vielfältige Funktionen für den Klimaschutz als CO2-Speicher, Rohstoff- und Frischluftlieferant, Lebensraum für Wildbestände und für die Naherholung. Die Waldfläche in Niedersachsen beträgt rund 1,1 Millionen Hektar. Trockenheit und Schädlingsbefall haben den Waldflächen in Niedersachsen vielfach stark zugesetzt.

Damit der Wald seine Funktionen auch zukünftig unter den Einflüssen des Klimawandels entfalten kann, müssen wir die klimage- rechte Wiederaufforstung des Waldes konsequent vorantreiben.

Wir werden das laufende Wiederaufforstungs- und Anpassungsprogramm zur langfristigen Stabilisierung der Wälder an den Klima- wandel konsequent fortsetzen und treiben eine klimaangepasste Waldentwicklung aktiv voran, indem wir über die Klimafolgen- anpassungsstrategie Gelder für eine klimaangepasste forstliche Fachberatung bereitstellen. Für unsere Landesforsten gilt der Vorrang von ökologischer vor ökonomischer Ausrichtung.

3.6 LANDWIRTSCHAFT: DEN NIEDERSÄCHSISCHEN WEG KONSEQUENT WEITERGEHEN

Die Agrar- und Ernährungsbranche ist ein wichtiger Wirtschaftszweig in Niedersachsen und prägt die wirtschaftlichen und sozialen Strukturen sowie die vielfältige Kulturlandschaft in den ländlichen Räumen. Rund 400.000 Arbeitsplätze – das heißt jeder zehnte Arbeitsplatz – fallen auf den Agrar- und Ernährungssektor.

Die niedersächsische Landwirtschaft befindet sich mitten in einem großen Transformationsprozess. Die Herausforderung für die landwirtschaftlichen Betriebe, neben der traditionellen Produktion von Lebens- und Futtermitteln, ist eine verstärkte Berücksichtigung vieler uns allen wichtiger Schutzgüter: mehr Tierschutz, mehr Artenschutz, mehr Umweltschutz, allgemein klimagerechter auf den Höfen arbeiten und trotzdem ein angemessenes Einkommen erzielen. Der Transformationsprozess bietet vielfältige neue Chancen, löst bei vielen landwirtschaftlichen Betrieben jedoch auch Sorgen aus.

Wir werden diesen Transformationsprozess aktiv politisch gestalten und auf Augenhöhe mit der Landwirtschaft an Lösungen für eine umweltschonende, effiziente und gesellschaftlich akzeptierte Landwirtschaft arbeiten, die weiterhin wettbewerbsfähig und auskömmlich ist.

Wichtig ist uns hierbei insbesondere auch, die Menschen an dem Transformationsprozess zu beteiligen und besser und gezielter zu beraten. Wir werden die Beratungsangebote etwa in den Bereichen der Chancen und Einkommenspotenziale der Energiewende und Klimaschutzbemühungen (Agroforst, Agri-PV, Wind im Wald und Eiweißpflanzen), der regionalen Direktvermarktung, aber auch in sozialen Fragestellungen (Hofnachfolge, Hofaufgabe) deutlich ausbauen.

Über die bundesweit einmalige Vereinbarung des Niedersächsischen Wegs zwischen Landwirtschaft, Naturschutzverbänden und Politik ist es uns gelungen, ein Fundament zu schaffen, das den Weg aufzeigt für mehr Biodiversität und einen konsequenten Arten- und Insektenschutz und den Flächenbewirtschaftern einen Ausgleich für etwaige Bewirtschaftungseinschränkungen zukommen lässt.

Auf diesem Fundament werden wir für die Zukunft aufbauen und einerseits die Grundlagen für die flächige Umsetzung der bestehenden Vereinbarungen des Niedersächsischen Wegs schaffen. Andererseits werden wir das bewährte Dialogformat für die Lösung von weiteren Zukunftsfragen, wie den Umbau der Tierhaltung, eine fairere Gestaltung der Lebensmittelwertschöpfungskette, die Umsetzung der Energiewende und mehr Moor- und Klimaschutz, weiterentwickeln.

Den Niedersächsischen Weg weiterentwickeln

Die inhaltlichen Grundlagen für mehr Artenschutz und Biodiversität haben wir über die Verabschiedung der vereinbarten Regelungen zum Niedersächsischen Weg in der letzten Legislaturperiode geschaffen. Nun werden wir die Grundlagen für eine möglichst schnelle und flächige Umsetzung der Vereinbarungen schaffen.

Zu diesem Zweck werden wir die Fortsetzung und Erweiterung des Niedersächsischen Wegs finanziell langfristig absichern.

Gute Lebensmittel zu fairen Preisen

Über Jahrzehnte hat sich ein System etabliert, das dem Lebensmitteleinzelhandel eine Monopolstellung bei der Gestaltung der Lebensmittelpreise ermöglicht. Die Devise „Der günstigste Preis entscheidet“ hat bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern ein hohes Preisbewusstsein entwickelt. Kenntnisse zur Produktion, Lagerung und Verarbeitung von Lebensmitteln sinken.

Produktionsbedingungen und Herkunft von Produkten sind nicht transparent genug.

Wir werden gegensteuern und einen verlässlichen Pfad zu mehr Fairness und Transparenz in der Wertschöpfungskette entwickeln, der den Erzeugern und Beschäftigten ein angemessenes Auskommen bietet, hochwertige Lebensmittel und Rohstoffe gewährleistet und dabei die Verbesserung von Klima, Umwelt, Biodiversität, Tierwohl und sozialen Standards in den Blick nimmt.

Wir werden hierzu den Niedersächsischen Weg ausbauen, um über die nachfolgenden Ansätze für mehr Fairness in der Lebens- mittelwertschöpfungskette zu sorgen. So werden wir einen gemeinsamen Verhaltenskodex mit dem Lebensmitteleinzelhandel, den Erzeugern und Verarbeitern, den Naturschutzverbänden und dem Verbraucherschutz vereinbaren, um kurzfristig für mehr Wertschöpfung und Wertschätzung auf der Erzeugerseite zu sorgen. Wir werden die Richtlinie über unlautere Handelspraktiken konsequent umsetzen. Wir begrüßen die Einführung einer verpflichtenden Tierhaltungskennzeichnung und eines verlässlichen, leicht verständlichen Herkunftsnachweises für hochwertige deutsche und regionale Produkte, das auch verarbeitete Produkte im Endprodukt einbeziehen soll. Und nicht zuletzt werden wir die Einhaltung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes und des Wohnraum- schutzgesetzes konsequent kontrollieren, um die Ausbeutung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Erzeugung und Produktverarbeitung (Erntehelfer, Schlachthöfe) wirksam zu unterbinden und auskömmliche Löhne und eine menschenwürdige Unterbringung sicherzustellen.

Tierwohl und Tiergesundheit nachhaltig verbessern

Die Verbesserung des Tierwohls und der Tiergesundheit ist uns unabhängig von der Haltungsform der Tiere ein großes Anliegen, das wir engagiert und konsequent vorantreiben werden. Für mehr Tierwohl in der Nutztierhaltung unterstützen wir die Empfehlungen der Borchert-Kommission zum Umbau der Nutztierhaltung und werden uns auf Bundesebene für die Ausgestaltung der Finanzierung und die planmäßige Umsetzung einsetzen. Neben diesen Maßnahmen ist es unerlässlich, Maßnahmen für einen besseren Seuchen- schutz und damit zum Schutz der Tiergesundheit in der Nutztierhaltung in Niedersachsen zu etablieren und zu fördern.

Wir werden Planungssicherheit für die Tierhalter in Niedersachsen schaffen und gemeinsam mit dem Bund bessere planungs- und genehmigungsrechtliche Voraussetzungen für den Umbau der Tierhaltung hin zu besseren Haltungsformen verwirklichen.

Wir werden uns auf Landes- sowie auf Bundesebene für mehr Tierwohl bei Tiertransporten und in der Zirkustierhaltung einsetzen und den Tier- und Exotenhandel im Internet effektiv unterbinden. Die wichtige ehrenamtliche Arbeit in Tierheimen werden wir unterstützen.

Stärkung der ländlichen Räume und landwirtschaftlichen Strukturen über regionale Direktvermarktung

Regionale und dezentrale Strukturen bieten kurze Wege, direkte Wertschöpfung und vor allem Kontakt zwischen Erzeugern und Konsumenten. Die regionale Direktvermarktung und die Dezentralisierung von Verarbeitungsbetrieben sind daher wichtige Ansätze, um Wertschöpfung vor Ort zu generieren und den ländlichen Raum zu stärken.

Wir werden bessere und gezieltere Beratungsangebote zu den Möglichkeiten und Vermarktungspotenzialen der regionalen Direkt- vermarktung schaffen. Für die Unterstützung der regionalen Direktvermarktung und die Dezentralisierung von Verarbeitungs- betrieben werden wir günstige Rahmenbedingungen (z. B. durch die Überarbeitung der Gebührenordnung für Kontrollen und Untersuchungen) und gezieltere Förderprogramme schaffen.

Der ökologische Landbau hat sich in Niedersachsen zu einem wichtigen Standbein der Landwirtschaft entwickelt.

2019 bewirtschafteten rund 2.100 Bio-Betriebe etwa 120.700 Hektar landwirtschaftliche Fläche. Jährliche Steigerungsraten von rund neun Prozent bei der Zahl der Bio-Betriebe und zwölf Prozent der von ihnen bewirtschafteten Fläche sind ein deutliches Zeichen dafür, dass der zunehmende Absatz von Bio-Produkten kombiniert mit einer engagierten finanziellen Förderung des ökologischen Landbaus in Niedersachsen inzwischen Wirkung zeigt.

Den Anteil des ökologischen Landbaus werden wir in Niedersachsen bis 2025 auf zehn Prozent und bis 2030 auf 15 Prozent steigern und regionale Produktion, Verarbeitung und Vermarktung von Lebensmitteln aus ökologischen Betrieben aktiv fördern.

Die Weidetierhaltung ist landschaftsbildprägend in Niedersachsen. Nachdem wir eine Weidetierprämie für Schafe und Ziegen eingeführt haben, werden wir sie auch auf weitere Bereiche der Rinderhaltung ausweiten.

Wolfsbestandsmanagement weiterentwickeln

Unser Ziel ist es, das Zusammenleben von Weidetieren, Mensch und Wolf so gut zu gestalten, dass trotz noch steigender Wolfs- population möglichst wenige Konflikte auftreten. Wir werden mit allen mit diesen Fragen befassten Organisationen und Verbänden einen institutionalisierten Dialog „Weidetierhaltung und Wolf“ einrichten. Wir werden durch eine Überarbeitung der Monitoring- Standards die Anzahl der in Deutschland lebenden Wölfe realitätsgetreu abbilden und wollen den Ländern europarechtskonform ein regional differenziertes Bestandsmanagement ermöglichen.

Schutzgebiete, Nationalparke, Biosphärenreservate und Naturparke als bedeutsame Instanzen für einen flächigen Natur- und Artenschutz

Die bestehenden Schutzgebiete, Nationalparke, Biosphärenreservate und Naturparke leisten einen entscheidenden Beitrag für die Erhaltung und Pflege unserer Flora und Fauna und unserer prägenden Landschaften an der Küste, im Moor, in der Heide und im Harz. Im Hinblick auf den Klima- und Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft, Bildung für nachhaltige Entwicklung, nachhaltigen Tourismus und regionale Wertschöpfung bleiben diese Landschaften Bewahrer unseres kulturellen Erbes. Deshalb fördern wir nationale Naturlandschaften dauerhaft und in angemessener Weise in ihrer bedeutsamen Arbeit für die Natur und die Menschen auf einem Drittel unserer Landesfläche.

Wir werden die wichtige und oftmals ehrenamtliche Arbeit für unsere Schutzgebiete, Nationalparke, Biosphärenreservate und Naturparke weiterhin stärken und setzen uns dafür ein, dass sie finanziell und personell auskömmlich ausgestattet ist.

Um die Bedeutung der Schutzgebiete, Nationalparke, Biosphärenreservate und Naturparke gegenüber der interessierten Öffentlichkeit noch besser und intensiver zu kommunizieren, werden wir die Umweltbildungsangebote über die ökologischen Stationen und die Alfred-Töpfer-Akademie weiter ausbauen. Wir werden die finanzielle Absicherung der Schutzgebietsbetreuung für NATURA-2000-Gebiete und Naturschutzgebiete durch ökologische Stationen und eine Vernetzungsstelle NATURA 2000 sicherstellen.

Reinhaltung unserer kostbaren Wasserressourcen sicherstellen

Es ist unsere dauerhafte gesamtgesellschaftliche Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass unsere Wasserressourcen aus Grund- und Oberflächengewässern sich in einer qualitativ guten Beschaffenheit befinden. Die Wasserqualität wirkt sich hierbei als Lebens- grundlage auf Flora und Fauna und auf die Wasserverfügbarkeit aus.

Die Zielvorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie werden wir konsequent umsetzen, um den Zustand unserer Gewässer zu verbessern.

Wir verfolgen einen vorsorgenden und kooperativen Ansatz gemeinsam mit den Flächenbewirtschaftern, um Verunreinigungen durch Nährstoffe oder Pflanzenschutzmittel durch den Boden oder Abschwemmung möglichst an der Quelle zu verhindern.

Wir setzen uns ein für eine Modernisierung und Weiterentwicklung der Abwasserreinigung. Zu diesem Zweck werden wir gemeinsam mit den Kommunen ein Konzept erarbeiten, wo und in welcher Zusammensetzung der Einsatz einer vierten Reinigungsstufe sinnvoll ist.

Wir fördern Pilotprojekte für die Reinigung der Abwässer von Mikroplastik und die Wiederverwendung von gereinigtem Abwasser, etwa für die landwirtschaftliche Feldberegnung.

3.7 GUTE ARBEIT FÜR ALLE SCHAFFEN UND FACHKRÄFTE SICHERN

Für uns gilt immer, dass jede und jeder von ihrem oder seinem Einkommen gut leben können muss. Dabei muss das Land als Arbeit- und Auftraggeber sowie Ausbildungsbetrieb mit gutem Beispiel vorangehen und damit zugleich seinen Beitrag dazu leisten, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Doch Gute Arbeit ist längst nicht für alle Beschäftigten in Niedersachsen gegeben. Das im Vergleich zu anderen Bundesländern noch hohe Niveau an tarifgebundenen Arbeitsplätzen ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken. Fast jedes vierte Arbeitsverhältnis liegt mittlerweile im Niedriglohnsektor. Prekäre Arbeit hat sich weit verbreitet. Wir setzen uns für eine stärkere Regulation von Leiharbeit sowie die Bekämpfung des Missbrauchs von Werkverträgen ein. Wir müssen dafür sorgen, dass neue Formen der Beschäftigung, z. B. Crowd- und Clickworker, nicht an den bewährten Formen der Mitbestimmung vorbei organisiert werden. Deshalb braucht unser Land eine neue Ordnung am Arbeitsmarkt. Wir werden Niedersachsen zum Land der Guten Arbeit machen! Dazu werden wir zusammen mit den Sozialpartnern einen niedersächsischen Masterplan für Gute Arbeit erarbeiten. Im Mittelpunkt stehen die Verbesserung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, eine moderne Weiterbildungs- und Qualifizierungs- politik, neue Modelle und Ansätze zur Arbeitsflexibilität, aber auch Fragen zur Aufrechterhaltung beziehungsweise Neudefinition von Arbeits- und Sozialstandards.

Gute Arbeit schließt die Betriebsverfassung und die Mitbestimmung mit ein. Mitbestimmung ist Grundpfeiler einer demokratischen und solidarischen Gesellschaft. Sie ermöglicht Mitsprache und Teilhabe. Insbesondere in Zeiten von gesellschaftlicher Transformation und betrieblichen Veränderungsprozessen kommt der Mitbestimmung eine zentrale Bedeutung zu:

Die Beschäftigten, ihre Betriebsräte und Vertrauensleute kennen die Arbeitsprozesse und die Anforderungen hieran am besten. Sie können als Ideengeber und gleichzeitig als Korrektiv wirken. Wir unterstützen deshalb die Initiativen der Gewerkschaften für eine Reform und Weiterentwicklung der betrieblichen Mitbestimmung. Wir werden die betriebliche Mitbestimmung modernisieren und stärken, da wir davon überzeugt sind, dass Unternehmen mit starker Partizipation der Beschäftigten wirtschaftlich erfolgreicher und gegen den Transformationsdruck besser gewappnet sind.

Wir setzen uns dafür ein, die Tarifbindung in den nächsten Jahren wieder zu stärken. Dort, wo wir als Bundesland eigenständig handeln können, werden wir die Erklärung repräsentativer Tarifverträge sowie die Rahmenbedingungen bei Allgemeinverbindlich- keitserklärungen im Gesetz verbessern. Wir werden den Grundsatz „öffentliches Geld nur für Gute Arbeit“ konsequent umsetzen und alle rechtlichen Möglichkeiten für Tariftreueregeln und bessere Kontrollen ausschöpfen. Förder-, Vergabe- und Beschaffungskriterien werden wir umfassend an den Kriterien Guter Arbeit – insbesondere Beschäftigungssicherung – binden. Wirtschaftsförderung für Betriebe werden wir mit den Bedingungen von Guter Arbeit und der Einhaltung und Anwendung von Tarifverträgen verknüpfen. Wir wollen über das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz alle öffentlichen Aufträge an repräsentative Tarifverträge binden. Des Weiteren werden verpflichtende Kriterien für ein nachhaltiges und soziales Beschaffungswesen und soziale Standards in das Tariftreue- und Vergabegesetz aufgenommen. Als Arbeitgeber werden wir die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverhältnissen insbesondere an den Hochschulen auf Dauer abschaffen.

Mehr Arbeitsschutz werden wir auch durch Stärkung der Kontrollen insbesondere in der Ernährungs- und Landwirtschaft schaffen. Dazu werden wir die Gewerbeaufsichtsämter personell verstärken. Zum Schutz für mobile Beschäftigte vor Ausbeutung gehört auch eine gesicherte Finanzierung der vorhandenen Beratungsstellen.

Mobile Arbeit und Homeoffice haben durch die Corona-Krise einen deutlichen Schub erfahren. Dort, wo bereits Betriebsräte und Unternehmensführungen entsprechende Vereinbarungen getroffen hatten, konnte sehr schnell auf die pandemiebedingt geänderten Arbeitsbedingungen für Bürokräfte reagiert werden. Gleichzeitig muss klar sein, dass Arbeitsschutz auch im Homeoffice voll- umfänglich gilt und dass Menschen auch Feierabend haben. Dies ist besonders wichtig, wo Menschen im Homeoffice zusätzlich noch Kinder zu betreuen haben. Dabei werden wir eine mögliche Doppelbelastung der Unternehmen bei gleichzeitiger Vorhaltung eines betrieblichen und eines Heimarbeitsplatzes vermeiden oder sie durch steuerliche Erleichterungen entlasten.

Als weitere Option werden wir zunächst im Modellversuch das Arbeiten in sogenannten Coworking-Spaces in der Nähe des eigenen Wohnortes unterstützen. Landesbedienstete sollen sich dort auf Kosten des Landes einmieten können. Das erspart den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern lange Anfahrtswege und Kosten und ermöglicht eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Wir sind für ein Recht auf Ausbildung und werden die Arbeit der Jugendberufsagenturen in Niedersachsen und ihren Ausbau stärken, um flächendeckend alle Schulabgängerinnen und Schulabgänger zu erfassen und für diese die Maßnahmen von Bundesagentur

für Arbeit, Land und Kommune besser zu koordinieren. Wir werden unseren Weg fortsetzen, schulische Ausbildung gebührenfrei zu machen. Bildung muss gebührenfrei sein – von der Kita bis zur Hochschule.

Auch werden wir insgesamt mehr junge Menschen für die duale Ausbildung gewinnen. Wir sehen es daher als Bildungsauftrag aller allgemeinbildenden Schulen an, nicht nur für die akademische, sondern auch für die duale Ausbildung zu werben und darüber

hinreichend zu informieren. Wir werden daher die Lehrerschaft einerseits und ausbildende Betriebe andererseits besser miteinander vernetzen, damit die Schülerinnen und Schüler ihre Berufswahl gut informiert treffen können.

Unsere regionalen Fachkräftebündnisse werden wir finanziell absichern. Sie helfen bei der Verbesserung der Fachkräftesituation. Dieses flächendeckende Angebot ist ein wesentlicher Anker der Fachkräfteinitiative Niedersachsen, die wir vom Kopf auf die Füße stellen werden. Wir werden Fachkräfteservicecenter etablieren, die als zentrale Anlaufstelle für Unternehmen zu Fragen der Perso- nalrekrutierung und Mitarbeiterbindung dienen. Dazu gehören auch die Mobilisierung inländischer Erwerbspersonenpotenziale durch gute Arbeitsbedingungen, Stärkung der Arbeitgeberattraktivität, Steigerung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren sowie die verbesserte Arbeitsmarktintegration von Langzeitarbeitslosen, aber auch der Übergang von Menschen mit schwerer Behinderung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt.

Die durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz mögliche Arbeitsmarktzuwanderung werden wir gemeinsam mit den Unternehmen offensiv nutzen. Dazu gehört auch die Ausweitung des Arbeitsmarktprogramms „Start Guides“.

Einen Eckpfeiler der niedersächsischen Wirtschaft bildet das Handwerk mit über 85.000 Betrieben und weit über eine halbe Mil- lion Mitarbeitenden, Inhaberinnen und Inhabern und Auszubildenden. Damit das Handwerk als Motor der Binnenwirtschaft auch in Zukunft stark bleibt, werden wir die duale Ausbildung weiter stärken und die Qualifizierung von Fachkräften intensiver vorantreiben. Wir werden die erfolgreichen Abschlussprämien für die Meisterprüfung fortsetzen und dafür sorgen, dass die Qualifizierung und Integration von Zugewanderten in Handwerksbetriebe weiter finanziell unterstützt wird. Zur Stärkung der dualen Ausbildung werden wir die Mittel für die handwerkliche Bildungsstätteninfrastruktur erhöhen.

Mit dem Programm „Weiterbildung in Niedersachsen“ haben wir eine gezielte Unterstützungsmöglichkeit für kleine und mittlere Unternehmen geschaffen, ihr Personal sinnvoll zu qualifizieren. Wir sind für ein Recht auf Weiterbildung und werden eine Weiter- bildungsstrategie für Niedersachsen auflegen, die den Anforderungen des Transformationsprozesses, in dem sich unsere Wirtschaft befindet, gerecht wird. Wir werden berufsschulische Angebote mit der betrieblichen Weiterbildung verzahnen, um so den Wissens- transfer von den Berufsschulen in die Betriebe zu verbessern. Die Berufsschule von morgen soll zugleich Weiterbildungszentrum sein. Außerdem werden wir unsere Hochschulen auch für den Bereich der beruflichen Weiterbildung mobilisieren.

Um das Potenzial der Digitalisierung auszuschöpfen, sind allerdings erhebliche Qualifizierungsanstrengungen erforderlich. Die Einführung des Informatikunterrichts an den niedersächsischen Schulen ab 2023 (in Pilotschulen bereits ab 2022) ist hierfür ebenso ein erster Schritt wie die 50 neu geschaffenen Digitalprofessuren oder die Einrichtung der beiden neuen IT- und KI-Campusse in Oldenburg beziehungsweise Hannover. Das Angebot an Studienplätzen in den informatik- und kommunikationswissenschaftlichen Fächern sowie der Robotik werden wir weiter ausbauen, zukunftssicher ausstatten und international sichtbar machen.

Wir unterstützen die Qualifizierungsoffensive im Hightech-Bereich in der Region Wolfsburg/Braunschweig. Dieser Industrie- standort benötigt in besonderem Maße neben einer besseren informationstechnischen Ausbildung in der Breite auch spezifische Qualifikationen im Bereich Automotive.

Die Herausforderungen für berufstätige Menschen sind groß und werden komplexer. Gute Arbeitsbedingungen sind umso wichtiger, dafür zählt für uns auch die Reduzierung von Arbeitszeit. Arbeitszeitverkürzung ist historisch immer eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe gewesen. Sie wurde vor allem von den Sozialpartnern durchgesetzt, die wir bei solch einem Anliegen auch künftig unter- stützen werden.

Darüber hinaus wollen wir als Land aktiv Transformationen mitgestalten und stehen dabei fest an der Seite der Beschäftigten. Wir unterstützen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Betriebe in der Umsetzung der gesetzlichen Möglichkeiten und Förderung der Weiterbildung/Umschulung/Qualifizierung, um die Transformationsprozesse ohne Arbeitslosigkeit zu unterstützen.

Wir sind für den Aufbau eines öffentlichen Beschäftigungssektors mit fairen Bedingungen für Langzeitarbeitslose und werden ein landesweites Förderprogramm zur Ergänzung des Teilhabechancengesetzes für gemeinnützige Träger und Kommunen auflegen.

3.8 MODERNE ZENTREN SCHAFFEN

Viele Innenstädte in Niedersachsen verändern sich. Insbesondere der inhabergeführte Einzelhandel kann in den Innenstädten häufig nicht mehr bestehen, zieht sich zurück und hinterlässt Leerstände. Aber auch Einzelhandelsketten und Filialisten, Gastronomie und Hotellerie haben zu kämpfen. Die Pandemie hat diese Entwicklung noch weiter beschleunigt und deutlich sichtbarer gemacht.

Die belebte Innenstadt aber ist Voraussetzung einer lebenswerten Kommune. Innenstädte werden sich wandeln und müssen mehr sein als die zentralen Orte für Geschäfte und Konsum. Der wirtschaftliche Strukturwandel bietet vielen Städten auch die Chance für neue Entwicklungen: Frei werdende Flächen können neu in Wert gesetzt werden. Ganze Stadtviertel können sich neu erfinden.

Unzugängliche Brachen und Ruinen weichen Grün- und Aktivflächen, monotone Strukturen neuen Nutzungsmischungen, Parkplatz- wüsten intelligenten Verkehrskonzepten. Städte mit sinkender Lärm-, Hitze- und Schadstoffbelastung und wachsenden Freizeit- und Kulturangeboten werden auch als Arbeits- und Wohnorte wieder interessanter. Funktionierende, attraktive Innenstädte sind Orte der Identifikation mit dem Gemeinwesen. Kurz: Die Zentren müssen grüner und lebendiger werden.

Niedersachsen unterstützt insbesondere größere Kommunen seit Jahren mit einer umfangreichen Städtebauförderung. Seit 2019 ermöglichen wir darüber hinaus mit dem Programm „Zukunftsräume“ nicht nur Projekte in kleineren und mittleren Zentren, sondern helfen auch beim Austausch guter Ideen und beim Projektmanagement. Im Zuge der Corona-Pandemie haben wir die Förderung noch thematisch erweitert. Wir kümmern uns speziell um die Ortskerne kleinerer Zentren. So haben wir in Niedersachsen mehr als 100 Millionen Euro zusätzlich aus EU-Mitteln für das Sofortprogramm „Perspektive Innenstadt!“ aktiviert. Die große Nachfrage nach diesem Programm weist auf den hohen Handlungsbedarf hin. Mit dem Programm „Resiliente Innenstädte“ werden deshalb weitere Städte mit 60 Millionen Euro aus EU-Mitteln unterstützt. Wir werden weiter dafür sorgen, dass auch die finanzschwachen Kom- munen durch einen reduzierten Eigenanteil von diesen Programmen profitieren können. Wir wollen auch dafür sorgen, dass diese Förderprogramme mittelfristig angelegt werden.

Es geht aber nicht nur um finanzielle Mittel. Wir brauchen auch mehr Austausch über erfolgreiche Innenstadtbelebung. Wir brauchen eine Bewegung, die ideenreich, mutig, unkonventionell und kreativ die „neue“ Innenstadt entwickelt.

Dazu können „City-Manager“ eine Brückenfunktion ausüben, die wir auch mit einer neuen Quartiersinitiative Niedersachsen (QIN) unterstützen. Das neu geschaffene Quartiersgesetz bietet dafür die Grundlage.

3.9VERBRAUCHERSCHUTZ STÄRKEN

Stärkung der Verbraucherbildung

Die Stärkung der Verbraucherbildung ist ein entscheidender Schlüssel für eine bessere Wertschätzung von Lebensmitteln und zur Eindämmung von Lebensmittelverschwendung.

Ernährungs- und Verbraucherbildung muss bei den Kindern anfangen und darf nach der Schule nicht aufhören. Wir werden uns da- für einsetzen, dass in Kitas, Schulen, weiteren Bildungseinrichtungen, über außerschulische Lernorte und über Informationskampag- nen die Information über Produktion und Verarbeitung von Lebensmitteln verbessert wird. Kinder und Jugendliche aller Schulformen sollen fit für den Konsumalltag gemacht werden. Wenn sie sich frühzeitig mit ihren Verbraucherrechten und Beeinflussungsweisen durch Unternehmen auseinandersetzen, steigt die Chance, dass sie künftig als souveräne Verbraucherinnen und Verbraucher am Markt teilnehmen werden.

Wir werden die Verbraucherzentrale Niedersachsen planungssicher ausbauen und die institutionelle Förderung auf den bundes- weiten Durchschnittswert aller Verbraucherzentralen pro Einwohner anheben. So stärken wir die Arbeit der Verbraucherzentrale weiterhin. Indem wir uns für ein flächendeckendes Beratungsangebot einsetzen, machen wir es für alle Verbraucherinnen und Verbraucher in Niedersachsen zugänglich.

In Niedersachsen landen pro Minute rund 1.870 kg genießbare Lebensmittel im Müll. Das können wir aus ethischer, ökologischer und wirtschaftlicher Perspektive nicht länger akzeptieren. Wir werden die Erfassung von Lebensmittelverschwendung bzw. -verlusten in den einzelnen Wertschöpfungsstufen über die Schaffung einer soliden Datenbasis verbessern und die rechtlichen Rahmenbedingungen u. a. im Abfallrecht für eine vollständige Vermeidung von Lebensmittelverschwendung schaffen. Wir werden Projekte zur Abfallvermeidung von Lebensmitteln fördern und eine bessere Vernetzung von Ernährungsräten und lokalen Projekten unterstützen.

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